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»Kunst bedeutet die Freiheit, in andere Welten einzutauchen«

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Hannah Long malt Bilder mit dem Mund

Es gibt Geschichten, bei denen man eine Gänsehaut bekommt. Wie die Geschichte von Hannah Long. Die 36-jährige Wittenerin leidet seit ihrer Geburt an einer zerebralen Bewegungsstörung und expressiven Sprachstörung. Die schwere körperliche Beeinträchtigung hält sie jedoch nicht davon ab, ihr Leben so bunt wie möglich zu gestalten und ihrer großen Leidenschaft, der Malerei, nachzugehen. Den Pinsel nimmt sie dabei in den Mund oder zwischen die Zehen. Am 25. April um 11 Uhr findet die Vernissage zu ihrer Ausstellung ›Der rote Faden‹ in einer Hagener Senioreneinrichtung statt. Wir durften der Künstlerin im Vorfeld einige Fragen stellen.

Wie haben Sie zur Malerei gefunden und was bedeutet Ihnen die Kunst?

Ich war immer ein bunter, kreativer Mensch. Ich hatte schon früh den Hang zur Malerei. Kunst bedeutet die Freiheit, in andere Welten einzutauchen, wo ich sonst nicht hinkomme.

Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, mit dem Mund bzw. dem Fuß zu malen?

Aufgrund der Tatsache, dass ich meine Hände kaum präzise bewegen kann, musste ich andere Wege finden. Das hat ja auch etwas mit Kreativität zu tun, nicht immer den geraden Weg zu gehen, sondern auch mal andere Möglichkeiten zu finden.

Das war am Anfang bestimmt schwierig. Wie lange haben Sie gebraucht, um eine gewisse Routine zu entwickeln? Wo liegen die Besonderheiten bei dieser Technik?

Man entwickelt ja immer eine Routine. Kein Mensch kann sofort etwas perfekt. Mit dem Fuß spürt man die Farbe. Wenn ich mit meinen Fuß in die Farbe gehe, dann fühle ich die Kälte, die Konsistenz. Das ist so, wie wenn ein Kind im Matsch tobt. Es macht einfach Spaß und lebendig.

Wie würden Sie Ihren Stil bezeichnen? Was wollen Sie mit Ihrer Kunst erreichen?

Ich male mit Acrylfarbe auf Keilrahmen. Die Motive sind eher abstrakt. Es ist viel Natur dabei. Außerdem habe ich angefangen, KI-Bilder zu erstellen, in denen ich meine Behinderung verarbeite. Ich möchte, dass die Menschen aufwachen, vielleicht auch ein wenig schockieren, und spreche Themen an, die gern unter den Tisch gekehrt werden. Darauf können sich die Besucherinnen und Besucher auch bei der Ausstellung einstellen: Es werden schockierende Bilder gezeigt, aber auch fröhliche, bunte. Der Ausstellungsttitel ›Der rote Faden‹ bezieht sich übrigens auf den roten Faden, der sich durch das Leben eines jeden Menschen zieht. Bei mir ist es die Kunst und meine Behinderung.

Wie wir hörten, engagieren Sie sich auch als Schriftstellerin und Aktivistin. Wir sind neugierig: Was schreiben Sie, wofür treten Sie ein?

Ich schreibe an einem Buch über mein Leben mit Behinderung. Dieses veröffentliche ich auf YouTube, wo ich als ›Fräulein Wortreich‹ zu finden bin. Die Kapitel werden hier von einer KI-Stimme verlesen. Als Aktivistin setze ich mich für Frauenrechte ein, insbesondere für die Rechte gehandicapter Frauen, und habe sogar schon mal eine Demo organisiert. Einer meiner Texte wurde dieses Jahr zum Weltfrauentag bei einer Veranstaltung vorgetragen, was für mich ein besonderer Moment war.

Ausstellung ›Der rote Faden‹

Vernissage: 25.04., 11 Uhr, Dauer: 2 Monate
Berliner Str. 115 · 58135 Hagen (Wohneinrichtung für Senioren)

Weitere Infos: https://www.youtube.com/@Staubpunk

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