Stadtmagazin Witten: In der Stadt

Spaziergang durch den Schwesternpark

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›A walk in the park‹ tut auch heute gut bei Licht und Luft als Heilmittel

Vor genau 108 Jahren fiel der Startschuss für die Planung des Schwesternparks hinter dem Ev. Krankenhaus. In den Hausmitteilungen des ›Diakonissenhauses für die Grafschaft Mark und das Siegerland‹ erwähnte im Mai 1906 der damalige Vorsteher Pastor Wilhelm Thiele im Leitartikel von ›Der Samariter‹ Nr. 88 erstmalig den Park. Es sei der Wunsch der Anstaltsleitung, ein weitläufiges angrenzendes Gelände für die Einrichtung zu erwerben, und er bittet die Freunde des Mutterhauses eindringlich um Spenden zum Erwerb des kostspieligen Geländes zwischen Pferdebachstraße und Ledderken.

»Licht und Luft, das sind zwei Heilmittel, die mächtiger sind als die Arznei. Sie gehören zum täglich Brot«, konstatierte Pastor Thiele und berichtete, dass beinahe große Fabriken und Mietshäuser an die Grenze des Diakonie-Grundstücks gesetzt worden wären. Das konnte die Leitung dadurch verhindern, indem man das ganze Gelände kaufte, um es umzugestalten »Dann können wir allmählich auch unseren Garten ausdehnen, dass unsere Kranken die schöne frische Luft im Sommer genießen können und unsere Schwestern (…) ein Plätzchen im Freien haben. Sie brauchen es, denn die Luft im Krankenhaus zehrt und fordert viel geistige und körperliche Widerstandskraft.« Wie wahr!

Planung und Anlage des Parks übernahm Adolf Schluckebier (1860 bis 1951), Rektor der nahen Feldschule in der heutigen Diakonissenstraße. Er war auch gleichzeitig Mitglied im Vorstand des Diakonissenhaues. Ab 1906 wurde nach seinen Plänen das Gelände gebaut und 1915 fertiggestellt.
Der Park entstand auf einer ehemaligen Schlackenhalde, die der Rektor mit Hilfe seiner Schüler und freiwilliger Helfer in Handarbeit vollständig um­gestaltete. Der Rektor wollte mit dem Park einen Ruhe- und Erholungsbereich für die im Krankenhaus arbeitenden Schwestern schaffen. Dazu unterteilte er den Park in unterschiedliche Kleinlandschaften, die in ihrem Aussehen und ihrer Pflanzenauswahl an ganz bestimmte Gegenden in Deutschland erinnern, so dass jede Schwester ihren Lieblingsplatz finden konnte, der ihrer Heimat ähnlich war.
Das gesamte Relief des Gartens ist künstlich geschaffen, ebenso die zwei Teiche und der Bachlauf. Die Modellierung ist einer natürlichen Flusslandschaft nachempfunden. Die Bepflanzung besteht zum größten Teil aus damals seltenen exotischen Bäumen und Sträuchern. Jede Kleinlandschaft hat zu einer bestimm­ten Jahreszeit eine Besonderheit. So sind zum Beispiel das Azaleental im Mai und die Herbstwiese im Oktober am schönsten. Der Park stellt durch seine Besonderheit in der Wegeführung, sein Relief und die Pflanzenzusammenstellung ein erlebnisreiches und in sich harmonisierendes Kleinod dar, welches in Witten und Umgebung einmalig ist.
Zwischen 1987 und 1989 wurde der Park von Grund auf überarbeitet: Die Wege wurden saniert ebenso der Bachlauf. Das Grünflächenamt der Stadt Witten führte damals teilweise eine Neuanlage der Pflanzung nach alten Aufzeichnun­gen des Rektors Schluckebier durch. Diese wurden nach Ende des Zweiten Welt­kriegs von seiner Nichte Luise Boecker gesammelt und 1980 von Dr. Marianne Funke, einer ehemaligen Ärztin des Ev. Krankenhauses, herausgegeben. Seit dieser umfangreichen Renovierung Ende der 80er-Jahre ist der Schwesternpark ›öffentliches Grün‹ und somit Teil des Grünzugs Nord in der Ruhrstadt. Gepflegt wird der Park seit Jahren von Fachanleiter Burkhard Bredenbeck (VHS). Parkwächter ist Hans-Jürgen Lorenz, der ehemalige Küster der Johanniskirche.

Zum Schluss noch etwas aus Kindermund zum Schmunzeln – vom Chronisten selbst vor Jahren erlebt bei Führungen mit Kindergartengruppen und Grundschü­lern:

Frage: »Was meint ihr wohl, warum der Schwesternpark so heißt?«
1. Antwort: »Weil Schwestern den Park gebaut haben.«
2. Antwort: »Weil Brüder hier nicht rein dürfen.«
3. Antwort: »Weil hier Schwestern wachsen.«

Tipp: Wer die richtige Antwort weiß, sollte den Schwesternpark im Frühling mal erkunden … ☺

Michael A. Winkler

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