Stadtmagazin Witten: Dies und Das

Eine Zuflucht bis zum Lebensende

Foto(s) zum Vergrößern anklicken

Quellenangabe in den Vergrößerungen

Zu Besuch beim Tierschutzhof im Ruhrtal e. V.

Ein frischer Herbstwind bläst an diesem Vormittag über das Ruhrtal hinweg. Die Shetlandponys stehen dicht an dicht unter dem Unterstand, wo sie vor Kälte und Regen geschützt sind. Es braucht schon ein Rascheln mit der Brötchentüte und die vertraute Stimme von Winfried Kaiser, um sie kurz hervorzulocken.

Handwerker für Tiere in Not

»Wir haben hier alle Hände voll zu tun – man weiß oft gar nicht, wo man anfangen soll«, erzählt uns der Vorsitzende des Tierschutzhofes im Ruhrtal e. V. Eigentlich betreibt er einen veganen Food-Truck. Für Tiere in Not wird er aber auch regelmäßig zum Handwerker – tatkräftig unterstützt durch ein Duzend Helferinnen und Helfer. Momentan steht die Sanierung der Ställe an. Die Boxen erhalten einen neuen Betonboden und eine Verkleidung mit Iso-Matten, damit die Pferde es im Winter bequemer und wärmer haben. Nächster Punkt auf der Agenda ist die Erneuerung eines Weidezeltes, das den letzten Sturm nicht überlebt hat. Dies alles wird komplett in Eigenregie mit Hilfe von Spendengeldern und ehrenamtlicher Arbeitskraft realisiert.

»Wir nehmen nur Tiere auf, wenn wir sie vernünftig unterbringen können«

Neben den zwei Pferden und drei Ponys sind zwei Hunde und drei Katzen auf dem idyllisch gelegenen Anwesen an der Rauendahlstraße in Bochum – nur wenige Pferdesprünge entfernt von Herbede und Hattingen – heimisch. Viele stammen aus vernachlässigter Haltung. Außerdem gibt es noch ein Rind, das auf Vereinskosten auf einem befreundeten Hof in Sprockhövel leben darf. »Wir nehmen nur Tiere auf, wenn wir sie vernünftig unterbringen können«, erklärt Winfried Kaiser. »Derzeit sind alle Boxen belegt. Durch unsere guten Kontakte zu den umliegenden Tierheimen und Tierschutzorganisationen in Bochum, Witten, Essen und Hattingen können wir aber in der Regel trotzdem helfen und wertvolle Tipps geben.«

»Damals hatte ich von Pferden überhaupt keine Ahnung«

Alles begann vor 18 Jahren, als der heute 67-Jährige das alte Wohnhaus an der Rauendahlstraße erwarb – inklusive Stallungen und 1,5 Hektar Weideland. »Als die Leute das spitzkriegten, mehrten sich die Anfragen: Habt ihr nicht Platz für dieses oder jenes Pferd? Damals hatte ich von Pferden überhaupt keine Ahnung. Also habe ich den Menschen, die Ahnung hatten, Löcher in den Bauch gefragt.« Auf den schwungvollen Start folgte schon bald der Dämpfer: Eines der ›adoptierten‹ Tiere benötigte eine Zahn-OP. »Zwei Tage in der Klinik, Behandlung sowie An- und Abreise kosteten uns 2.000 Euro. Das kann man mit Hilfe der Verwandtschaft vielleicht einmal stemmen. Auf Dauer ist es privat nicht finanzierbar.« Seit 2010 steht das Engagement von Winfried Kaiser daher auf Vereinsfüßen.

Traurige Geschichten

Jeder Vierbeiner auf dem Hof hat seine eigene traurige Geschichte zu erzählen. Da ist Dylan, der irische Wolfshund, der in Spanien aus einer Tötungsstation für Straßenhunde gerettet wurde. Taavo, das Rind, das nur knapp dem Schlachter entging. Oder Tuk, das Shetlandpony, das von seinen Besitzern am Heiligabend abgegeben wurde mit den Worten: ›Wir fahren übermorgen in den Urlaub – das Tier muss weg‹. »Tuk ist einfach zauberhaft, aber als er zu uns kam, war er völlig verstört«, berichtet der Vereinschef. »Wir fanden dann auch heraus, dass er wohl schon vier oder fünf Vorbesitzer hatte. Er musste bei uns erst einmal lernen, wieder Vertrauen zu fassen.«

»Die Tiere wiehern, wenn man sie trennt«

Inzwischen hat sich das Pony gut eingelebt. »Die Eingewöhnung in eine neue Herde ist für Pferde immer mit extremem Stress verbunden: Während der ersten zwei, drei Tage stehen sie abseits oder werden von den anderen gejagt«, weiß Winfried Kaiser. »Aus diesem Grund vermitteln wir keine Tiere mehr weiter. Unsere Herde ist jetzt schon seit circa fünf Jahren stabil. Die Tiere achten aufeinander und wiehern, wenn man sie trennt. Damit werden wir – trotz aller Mühen – täglich beschenkt, das wollen wir so beibehalten. Jedes Pony, das zu uns findet, darf bis zu seinem Lebensende bleiben.«

Spendenkonto:
GLS Gemeinschaftsbank eG Bochum
Konto 4038 4038 629 400
BLZ 430 609 67

Facebook Logo  diese Seite auf Facebook teilen0