Stadtmagazin Witten: Soziales

Leben für alle

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Jedes Wochenende nach Afrika

Anfang Mai erreichte die Redaktion eine Pressemitteilung über die Anschaffung eines Schulbusses für eine Mädchenschule in Afrika. Die finanziellen Mittel dafür wurden von Witten aus nach Kenia weitergleitet. Die Pressemitteilung kam wiederum vom anderen Ende der Welt. Über erfolgreiche Arbeit, Nostalgie und Umbruchsstimmung sprachen wir mit Friedhelm Ribberger, dem Gründer des ›Nangina e. V.‹, und führten ein schriftliches Interview mit Fynn Meining aus dem Jugendvorstand des Vereins.

›Nangina‹, der Name des Vereins, ist eigentlich überholt. Nangina, eine Stadt in Kenia, wurde Namensgeber der Gemeinschaft, die sich gemäß ihrer Satzung u. a. der gesundheitlichen Aufklärung und Erziehung, dem Auf- und Ausbau einer medizinischen Basisversorgung sowie der Förderung hygienischer Einrichtungen in ›Ländern der Dritten Welt‹ verschrieben hat. ›Nangina‹ hieß das erste Projekt, mit dem Friedhelm Ribberger und Jugendliche seiner damaligen Gruppe von Firmlingen ihre Arbeit begannen. Im Jahr 1988 wurden sie auf ein hilfsbedürftiges Krankenhaus in der kenianischen Stadt aufmerksam und versuchten Seifenstücke an Passanten am Dortmunder Hauptbahnhof zu verkaufen. Daraus wurde bis zum heutigen Tag ein Verein mit zwischenzeitlich 100 aktiven Mitgliedern, der mittlerweile in Summe über 5 Millionen Euro zusammentragen und an insgesamt 14 Projekte im Ausland weitergeleitet hat.

Nachhaltigkeit und Nachhilfe

»Wir sind sehr stolz darauf, dass sich das Krankenhaus ›Heilige Familie‹ in Nangina mittlerweile selbst trägt«, berichtet Friedhelm Ribberger sehr stolz. »Zwar ist es bei solchen Projekten meistens das Ziel, dass sich die Einrichtungen, die man aufbaut, irgendwann selber tragen. Aber es ist keine Selbstverständlichkeit. Wir haben vor Ort dafür sogar Versicherungen eingerichtet, in die die Menschen regelmäßig einen kleinen Betrag einzahlen können, so dass ihre Behandlungskosten im Krankenhaus übernommen werden.« Auf solche Erfolgsmeldungen hin arbeitet der Verein weiter mit viel Engagement, erklärt der junggebliebene 73-jährige Lehrer, der zu ­Beginn des Gespräches noch schnell Abiturklausuren im Fach Englisch vom Tisch räumt. Obwohl Friedhelm Ribberger bereits 2005 eigentlich pensioniert worden ist, führt er die Tätigkeit an seiner früheren Schule weiterhin fort. Und nicht nur dort bekämpft er den Lehrermangel; über den Verein gibt er bei Bedarf auch Nachhilfeunterricht an dessen Mitglieder. »Wenn wir bei unseren Projekten den Menschen im Ausland helfen, dann dürfen wir gleichzeitig nicht die Kinder vergessen, die hier bei uns Unterstützung benötigen«, sagt er.

Nangina-Wochenenden

Das Konzept zur Spendengenerierung basiert darauf, mit Kleingruppen deutschlandweit in verschiedene Gemeinden zu reisen und das Anliegen des Vereins dort im Gottesdienst vorzustellen. Der Vorstand zeigt uns viele Fotos mit Erinnerungen an diese ›Nangina-Wochenenden‹, bei denen er in der Regel mit seinen Gruppen auf Matratzenlagern in Pfarrheimen oder Priesterwohnungen unterkommt. Friedhelm Ribberger zeigt uns auch Bilder von Ferienfreizeiten, die über die Jahre unternommen wurden. Etwas Nostalgie kommt dabei auf. Einen Tag vor dem Gespräch hat die Jahreshauptversammlung stattgefunden, bei der er erneut zum Vorstand gewählt worden ist. »Den Vorsitz hätte ich auch gerne an jemand anderes weitergegeben«, sagt er. Doch die Unterstützung für ihn in der Funktion des Vorsitzenden sei weiterhin hoch, und es habe sich bisher noch niemand gefunden, der dazu bereit sei, dieses Amt zu übernehmen.

Mitarbeit in Neuseeland

Möglicherweise denkt der Vorsitzende dabei an Menschen wie Fynn Meining. Mit ihm reiste er Ende 2022 durch Afrika. Der junge Mann engagiert sich bereits sein halbes Leben lang bei der Organisation und ist der Autor der Pressemitteilung, die uns aus Neuseeland erreichte. Von dort aus gab er uns ein schriftliches Interview.

Herr Meining, wie alt sind Sie?

Ich bin 20 Jahre alt.

Was bringt Sie nach Neuseeland?

Erstens wollte ich nach dem Abitur nicht sofort studieren, zweitens wusste ich auch noch gar nicht, was. Zu Hause für unbestimmte Zeit nichts tun und auf eine Eingebung warten, wollte ich auch nicht. Also ging es nach einigen Monaten Arbeit für mich nach Neuseeland.

Wie sind Sie zum Nangina e. V. gekommen?

Unser Vorsitzender, Herr Ribberger, war auch gleichzeitig Lehrer an meiner Schule. In der vierten Klasse hat er bei uns eine Vertretungsstunde gegeben und von Nangina und lustigen Geschichten seiner Afrikareisen erzählt. Ich habe damals gedacht, dass wir jedes Wochenende nach Afrika fliegen, um den Menschen dort zu helfen, weshalb ich Feuer und Flamme war und ihm die Telefon-Nummer meiner Mutter gegeben habe. Dass wir am Wochenende nicht nach Afrika, sondern in Kirchengemeinden in Deutschland gehen, hat sich dann relativ schnell rausgestellt. Dabei geblieben bin ich aber trotzdem, und bereut habe ich es seitdem noch nicht.

Seit wann sind Sie dabei?

Seit der vierten Klasse, also mittlerweile ungefähr 10 Jahre.

Was motiviert Sie, sich von der anderen Seite der Welt aus in einem Wittener Verein zu engagieren?

Motiviert hat mich schon immer die Vorstellung, mit relativ wenig Aufwand meinerseits anderen Menschen wirklich helfen zu können. Vor allem aber war die Reise durch Kenia und Uganda im letzten Dezember eine wirklich tolle Erfahrung. Durch die Dankbarkeit der Menschen, die wir dort getroffen haben, habe ich erstmal wirklich verstanden, was unsere Arbeit wirklich bewirkt, und wie lebensverändernd und auch lebensrettend sie ist. Das war auf jeden Fall eine Motivation, mich auch weiterhin einzusetzen.

Von welchen zwei Highlights berichten Sie, wenn Sie von Ihrer bisherigen Vereinsarbeit sprechen?

Highlights gibt es viele, vor allem die gemeinsamen Wochenenden mit ›Nangina‹ waren immer sehr schön. Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir aber die Reise durch Kenia und Uganda im letzten Jahr. Mit eigenen Augen zu sehen, wofür man die ganzen Jahre Spenden gesammelt hat, war wirklich beeindruckend.

Welche Ziele haben Sie, wenn Sie an Ihre Vereinsarbeit denken, und was empfinden Sie als herausfordernd?

Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass wir unsere Arbeit auch langfristig weiterführen können, ein Selbstläufer ist das Ganze bei uns momentan nämlich nicht. Vor allem in den letzten Jahren ist es immer schwieriger geworden, neue Mitglieder zu finden und alte Mitglieder zu halten, was nur zum Teil an Corona lag. Insgesamt steht die Frage im Raum, ob wir unser aktuelles Konzept, also mit Kindern und Jugendlichen in Kirchen zu gehen, langfristig überhaupt beibehalten können. Denn, erstens ist sowas für junge Menschen heutzutage einfach überhaupt nicht mehr attraktiv, und zweitens werden Deutschlands Kirchen von Jahr zu Jahr leerer. Wir schauen aber hoffnungsvoll in die Zukunft, da es ja auch noch viele weitere Möglichkeiten gibt, Spenden zu sammeln.

Wir danken für das Interview.

Marcus Dittrich

(Kontakt-)Informationen über den ›Nangina e. V.‹ findet man auf dessen Webseite unter: https://nangina.de/

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