Stadtmagazin Witten: In der Stadt

Im Gespräch mit Sophia Bröker

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»Damit das Radfahren auch in Witten selbstverständlich wird«

Witten ist vielleicht (noch) keine Fahrradstadt – aber auf dem besten Weg, eine zu werden. Dafür sorgt Sophia Bröker. Als städtische Radverkehrsbeauftragte ist die junge Bauingenieurin für die Verbesserung der hiesigen Radwege zuständig, und das nicht nur von ihrem Schreibtisch im Technischen Rathaus aus. Seit ihrer Ernennung vor einem Jahr erledigt sie viele Außentermine mit dem E-Bike und ›erfährt‹ den Zustand des Wittener Streckennetzes so am eigenen Leib.

»Wenn die Infrastruktur stimmt, hält sogar Regen die Menschen weniger vom Radeln ab«

»Durch den Klimawandel besteht die dringende Notwendigkeit, Städte nachhaltiger zu gestalten und bessere Bedingungen für das Radfahren zu schaffen«, sagt die 27-Jährige. »Ich stamme aus dem Westmünsterland, wo man selbstverständlich Fahrrad fährt, und zwar nicht nur zum Freizeitvergnügen, sondern um schnell von A nach B zu kommen. Grund ist die gute Infrastruktur. So habe ich das Rad von klein auf als zentrales Verkehrsmittel kennengelernt. Später änderte sich mein Radverhalten jedoch durch meine Umgebung: Während des Studiums in Bochum nahm ich beispielsweise eher die U-Bahn, weil die direkt vor meiner Tür abfuhr. Das brachte mich zu dem Schluss: Radwege müssen nicht nur sicher, sondern auch komfortabel sein. Wenn die Infrastruktur stimmt, hält sogar Regen die Menschen weniger vom Radeln ab. Dann schwingen sich die Menschen trotzdem aufs Rad, weil sie so am besten ans Ziel gelangen. Ich freue mich mitzuhelfen, eine solche Infrastruktur zu schaffen, damit das Radfahren auch in Witten selbstverständlich wird.«

»Im engen Straßenraum gilt es, die Belange aller Verkehrsteilnehmer*innen zu berücksichtigen«

Die Idee ist nicht ganz neu. Bereits im Jahr 2019 wurde vom Rat der Stadt Witten ein sogenanntes ›Radverkehrskonzept‹ mit rund 400 möglichen Maßnahmen verfasst. Aufgabe von Sophia Bröker ist es nun, diese Ideen auszuloten und die Umsetzung einzelner Projekte voranzutreiben. Je nach Projekt geht sie dabei auch in Abstimmung mit Politik, Behörden, Radverbänden, anderen Ingenieuren und nicht zuletzt auch den Bürger*innen. »Oft handelt es sich um aufwendige Großprojekte, die wegen der Koordination verschiedener Stellen und Interessen nicht von heute auf morgen realisiert werden können«, berichtet sie. »Im engen Straßenraum gilt es, die Belange aller Verkehrsteilnehmer*innen zu berücksichtigen, den vorhandenen Platz gerecht zu verteilen. Das braucht seine Zeit. Vieles, das wir letztes Jahr angeleiert haben, wird jetzt langsam sichtbar.«

Projekte & Pläne    

Ein gutes Beispiel sind die derzeitigen Baumaßnahmen an der Pferdebachstraße und die Planungen für die Sprockhöveler Straße. »An der Pferdebachstraße warten wir eigentlich nur auf besseres Wetter, um die Markierungen für die Radwege zu setzen.« Für andere Vorhaben könnte bald der Startschuss fallen: So soll im Knotenpunkt Husemannstraße, Bergerstraße, Ruhrstraße die Situation für links abbiegende Radfahrer*innen durch eine eigene Abbiegespur verbessert werden. Eine Verbesserung der Verkehrssituation für den Radverkehr ist auch für die untere Ruhrstraße geplant. »Dabei geht es nicht nur um Streckenverbesserungen – wir wollen parallel auch die Aufmerksamkeit des motorisierten Verkehrs erhöhen, insbesondere an Stellen, wo für Fahrradfahrer*innen Wahlfreiheit besteht, ob sie auf der Straße weiterfahren oder in den Seitenraum, also auf den Gehsteig, wechseln«, ergänzt Sophia Bröker. Für Radfahrende auf dem Gehsteig gilt natürlich, dass sie besondere Rücksicht auf die Fußgänger*innen nehmen müssen. Weitere Punkte auf ihrer
To-Do-Liste: die Organisation des Wittener Stadtradelns (1.–21. Mai) in Zusammenarbeit mit der städtischen Klimaschutzmanagerin Kaja Fehren, Rotmarkierungen an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet, die Etablierung eines Fahrradverleihsystems und die Schaffung von zusätzlichen Fahrradparkplätzen in stark frequentierten Bereichen.

»Immer mehr Menschen sind bereit, sich für Klimaschutz einzusetzen und auf das Rad umzusteigen«

Witten ist nicht Münster. »Aber wir haben bereits rund 80 Kilometer an Radwegen, darauf bauen wir gerne auf«, sagt die Wittener Radexpertin. Zumal das Ruhrtal gegenüber dem flachen Münsterland mit seinen ganz eigenen Trümpfen aufwartet. »Ich mag es, im hügeligen Gelände, auf alten Bahntrassen oder am Fluss entlang zu fahren, etwa auf dem ›Rheinischen Esel‹ oder dem ›Ruhrtalradweg‹«, verrät Sophia Bröker, die noch mindestens bis Dezember mit ihrem Dienst-Bike durch die Stadt flitzen wird. Danach läuft ihre auf zwei Jahre geförderte Stelle zunächst aus. Eine Verlängerung ist jedoch nicht ausgeschlossen. Fahrradfahren ist und bleibt schließlich ein Zukunftsthema. »Eine Stadt fahrradfreundlicher zu machen, ist ein langwieriger Prozess, aber der Plan, die Bürger*innen aufs Rad zu locken, funktioniert schon jetzt. Wir befinden uns im Wandel. Immer mehr Menschen sind bereit, sich für Klimaschutz einzusetzen – und auf das Rad umzusteigen.«

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