Go, Götz, Go!
Götz Alsmann ist nun im Rentenalter angelangt. Zu Beginn seiner Laufbahn war er sogar für ein paar Jahre in Witten musikalisch aktiv.
Im Jahr 2004 wurde er zum Deutschen Krawattenmann gekürt, 2019 wurde er mit dem Landesverdienst-Orden NRW geehrt und vor 45 Jahren produzierte er in Witten eine Langspielplatte. Am 12. Juli wurde er 65 Jahre alt: der große Pianist und Entertainer Götz Alsmann aus Münster.
Kaum zu glauben: Als Schüler in der Oberstufe vom Gymnasium Johann-Conrad-Schlaun wurde er Mitglied der Münsterländischen Jug-Band ›Heupferd‹, die mit ihrem amerikanischen Folk-Jazz-Sound die Vorstufe des britischen Skiffle spielte. Götz Alsmann war Multi-Instrumentalist für Klavier, Banjo und Mandoline, Dieter Schröer spielte Gitarre und Mundharmonika und Bassmann Holger Lührig brummte in einen leeren Whiskykrug oder zupfte den Teekistenbass.
Über Schröer, der in Dortmund Heilpädagogik studierte, bekam das Trio am 6. Juli 1977 einen Auftritt beim Sommerfest der gerade neueröffneten Wittener WERK°STADT – noch in einer leeren, leicht staubigen Halle, wo noch nicht die markanten Häuschen in der Mannesmannhalle gebaut waren. Die richtige, große Eröffnung des Jugend- und Kulturzentrums war erst 1978. Aber die erste Band, die hier auftrat, war ›Heupferd‹ mit Götz Alsmann!
Das Trio suchte im selben Jahr ein neues Tonstudio und fand es in Witten in der Annener Stachelbeersiedlung. Genauer: in einem Keller. Alsmann erinnert sich in seinen Linernotes von ›For Collectors‹: »Zwei der drei Heupferd-Alben entstanden im Wittener Knöterich-Studio, das sich mehr oder weniger auf Folk spezialisiert hatte und in dem auch die allerersten Aufnahmen der Sentimental Pounders eingespielt wurden.« Die beiden LPs hießen ›Come on in!‹ und ›Mama’s Little Sunny Boys‹ und sind natürlich vergriffen, aber von Sammlern schwer gesucht. Wer noch eine gebrauchte Heupferd-LP auf Flohmärkten findet, wird Götz Alsmann als genialen Banjo- und Ukulele-Spieler entdecken und sogar einen Wittener Musiker am Waschbrett, der bei drei Songs incognito als ›Steppin’ Fred‹ mitschrappelt.
Doch: Einige Tracks der beiden Vinyls kann man heute sogar auf den beiden Collectors-CD’s entdecken, z. B. ›Maybe it’s the blues‹ und ›Stop trucking and Suie-Q‹. Götz Alsmann beschreibt das Jahr 1979 in dem Booklet so: »Da aber war aus der ganzen Folklore- und Oldtime Jazz-Welle langsam die Luft entwichen. Die Auftritte wurden rarer. (…) Mit dem Jahr 1980 kam die Neuorientierung: Das Projekt ›Götz Alsmann & The Sentmental Pounders‹ wurde für mich Thema Nr. eins, einige ersten Aufnahmen entstanden.« Und diese auch wieder in Annen bei ›Knöterich‹. Diesmal war es keine LP, sondern eine sogenannte EP, heißt eine Extented-Play als 17-Zoll-Single mit vier flotten Liedern: Sie hieß ›X-mas Day‹ und beinhaltete das Instumental ›Reindeer Shuffle‹, in dem am Ende sogar die Annener Kirchenglocken zu hören sind. Auch diese Rarität ist auf seiner Sammler-Edidtion 1 zu bestaunen. Ebenfalls ein Unikum: Götz Alsmann spielte auf einem leicht verstimmten Klavier, das im feuchten Studiokeller gelitten hatte. Eine Annener Familie hatte es dem Studio für einige Jahre geliehen. Heute ertönt es wohlgestimmt in einem Wohnzimmer im Bochumer Ehrenfeld.
Rund zehn Jahre war Alsmann der Frontmann seiner ›Sentimentalen Schläger‹, die 1985 mit ihrem großen Durchbruch ›People are people‹ – einer flotten Coverversion der britischen Band ›Depeche Mode‹ – in der BRD recht erfolgreich wurden. Doch nicht nur hiermit war die Gruppe radio-präsent: Alsmanns Eigenkompositionen ›Bop Caliente‹ und ›The Hop Around‹ sind sowas von ansteckend, dass man sie auch heute immer wieder hören möchte. Im Laufe dieser Jahre wollte der Musiker vom Rockabilly und Jazzrock weg und plante eine neue Band mit dem heute bekannten, nostalgischen deutschen Schlagerjazz des letzten Jahrhunderts. Deswegen kam er 1987 zu einer sogenannten Vorproduktion für seine erste Solo-LP wieder nach Witten – allerdings nun ins CeeM-Studio von Heinz Gruß im Ledderken. Heraus kam ein Jahr später ›12 to 6 – the afternoon session‹.
Dem Ruhrgebiet ist der humorvolle Geschichtenerzähler und charmante Entertainer übrigens auch durch sein Bochumer Management nach wie vor verbunden. Regelmäßig besucht er ROOF Music in der Prinz-Regent-Straße, um seine Tourneen und nächsten CDs zu besprechen. Zu seinem Repertoire gehören übrigens auch Hörbücher mit erfolgreichen Versionen, z. B. von der ›Feuerzangenbowle‹.
Am 23. August vor drei Jahren wurde ›Prof. Dr. Götz Alsmann‹ vom damaligen Ministerpräsident Armin Laschet mit dem Landesverdienstorden auf Schloss Nordkirchen ausgezeichnet. Unter den 13 anderen Persönlichkeiten waren auch die Fußballlegende Horst Hrubesch und der Künstler Günter Demnig (›Stolpersteine‹) dabei. Neben seiner Frau Brigitte hatte Alsmann noch Ulrich Kopmann, Uli Mücke und Kristine Meierling von seinem Bochumer Management mit ins Westfälische Versailles gebracht. Sicherlich auch eine Anerkennung für die fast 40 Jahre alte optimale Zusammenarbeit mit den ›Roofs‹.
Ein Augen- und Ohrenschmaus ist die aktuelle Tournee der fünfköpfigen Alsmann-Band mit dem Titel ›L.I.E.B.E.‹. Der Chronist dieser Zeilen konnte unlängst im historischen Berliner Admiralspalast – direkt gegenüber vom legendären Bahnhof Friedrichstraße – ein Konzert der unschlagbaren Fünf genießen. Hier in die Ecke kommt die Combo am 28. August nach Ahaus und am 22. Oktober nach Moers. Mit im Programm sind solche Pretiosen der Kriegs- und Nachkriegszeit von Johannes Heesters, Zarah Leander, oder Rudi Schuricke, Caterina Valente, Greetje Kauffeld und Udo Jürgens.
Mehr von dem Tausendsassa kann man jeden Montag auf WDR 4 hören: 21.05 Uhr ›Go, Götz, Go‹, Götz Alsmanns Radio Show – gehaucht ›aus dem kleinen Rundfunkstudio am Rande der Stadt‹ …
