Glauben und Spiritualität leben, Sinnstiftendes und Schönes tun
Im Gespräch mit Superintendentin Julia Holtz
Seit fünf Jahren ist sie im Amt: Julia Holtz leitet als Superintendentin zusammen mit dem Kreissynodalvorstand den evangelischen Kirchenkreis Hattingen-Witten. Sie ist Vorgesetzte und Seelsorgerin für alle, die im Kirchenkreis ein Amt haben und stellt sich immer neuen großen Herausforderungen. Wir sprachen mit Julia Holtz über ihr breit gefächertes und ungemein verantwortungsvolles Arbeitsgebiet.
Frau Holtz, erzählen Sie uns doch mal: Was genau ist Ihr Beruf?
Also im Grunde bin ich Pfarrerin, und das ist wirklich der schönste Beruf der Welt! Glauben und Spiritualität leben und weitergeben, Sinnstiftendes und Schönes tun … Für meinen Mann, der übrigens auch Pfarrer ist, ist der Glaube im Alltag ebenso wesentlich. So lesen wir täglich zusammen die Bibel zum Frühstück, das ist uns wichtiger, als theologische Diskussionen zu führen. Natürlich sind die Herausforderungen unseres Berufs nicht zu unterschätzen. Pfarrpersonen müssen ihre Arbeit komplett selbst organisieren, das klassische Pfarramt war immer schon ein Homeoffice, bevor das Wort erfunden wurde. Da ist es wirklich ungemein wichtig, sich mal kleine Grenzen zu setzen, um im Beruf gesund zu bleiben und für die Gemeinde so lange wie möglich da zu sein.
Was nun ist denn die Aufgabe einer Superintendentin?
Das Amt der Superintendentin ist das der klassischen mittleren Leitungsebene, ich vermittle zwischen den Gemeinden und der Landeskirche in der Hoffnung, dass es sowohl zwischen der Landeskirche und den Gemeinden vor Ort als auch zwischen den Gemeinden untereinander ein gutes und faires Miteinander gibt. Angesichts abnehmender Ressourcen, weniger Mitgliedern und weniger Kirchensteuern gilt es, die vorhandenen Mittel möglichst gerecht zu verteilen. Außerdem muss ich darauf achten, dass das Kirchenrecht eingehalten wird.
Wie hat sich Corona auf Ihre Arbeit, aber auch auf das Leben der Gemeindemitglieder ausgewirkt?
Nun, feststeht, dass Corona wie ein Katalysator Prozesse beschleunigt hat, die die traditionellen Gemeindemodelle in Frage stellen. Gemeinschaft und Miteinander war halt lange Zeit nicht möglich. Die Sonntagsgottesdienste sind deutlich leerer geworden, und Singen ohne Maske ist leider immer noch nicht möglich. Natürlich haben wir schon vorher mit rückläufigen Mitgliederzahlen und abnehmendem Gottesdienstbesuch zu kämpfen gehabt, aber Corona hat diesen Prozess beschleunigt. Viele Menschen, die früher regelmäßig kamen, haben die Alternativen im Fernsehen und im Internet entdeckt und werden vielleicht nicht mehr zurückkehren. Es kann ja ganz gemütlich sein, sonntagsmorgens in der Jogginghose auf dem Sofa am Gottesdienst teilzunehmen und dabei noch Kaffee zu trinken.
Wie sehen Sie die Zukunft der Kirche?
Wir bilden als große Volkskirchen nicht mehr die Mehrheit der Gesellschaft, das war vor wenigen Jahrzehnten definitiv noch anders. Kam früher ein Baby zur Welt, wurde sofort gefragt: ›Wann wird das Kind getauft?‹ Heute hingegen hören Eltern auch schon mal die Aussage: ›Wie jetzt, ihr lasst euer Kind taufen?‹ Da hat sich gesamtgesellschaftlich etwas verändert, aber das empfinde ich nicht als dramatisch. Die Kirche Jesu Christi hängt nicht am Tropf unserer Kirchensteuer. Wenn wir unsere Rolle glaubwürdig ausfüllen und unsere Aufgaben mit innerer Überzeugung, Herz und Leidenschaft ausüben, sehe ich keine Bedrohung. Tatsache ist jedoch: Wir müssen einladend auf Menschen zugehen, und wir müssen zeitgemäße Formen der Verkündigung finden, die Menschen unserer Zeit ansprechen. Das Evangelium an sich ist unveränderlich, aber die Formate der Verkündigung müssen sich wandeln. Die Kirche wird diverser werden mit einer größeren Bandbreite an kulturellen und sozialdiakonischen Angeboten. Hier sind wir in Witten auf einem guten Weg. Die Gemeinden bieten unterschiedliche Formate an, vom klassischen Gottesdienst mit Predigt und Orgelmusik über Gottesdienste mit Worship Musik bis zu Zielgruppenangeboten für Eltern mit Kindern oder speziell für junge Erwachsene. Auch meditative Angebote sind dabei, was ich persönlich für wichtig halte. Das wird sehr positiv angenommen. Ebenfalls im sozialen Engagement setzen die Gemeinden unterschiedliche Schwerpunkte.
Worauf freuen Sie sich besonders in der nächsten Zeit?
Ganz klar: auf Ostern! Ostern ist für mich der zentrale Feiertag überhaupt. Ich erlebe und genieße Ostern ganz anders als Weihnachten. Nun ja, geboren wird jeder, auferstanden ist nur einer. Für mich ist der Ostermorgen der Kerntag des Kirchenjahres, aber auch die herrliche Jahreszeit – den Frühling – und den 6-Uhr-Gottesdienst liebe ich ungemein. Für mich muss Ostern unbedingt vor Sonnenaufgang beginnen, und dann gehe ich erfüllt und gestärkt in den Tag hinein.
Nun, dann wünschen wir Ihnen doch auch dieses Jahr ein wunderbares, frohes Osterfest, Frau Holtz!
Danke gleichfalls, das wünsche ich Ihnen auch!
