Vorgestellt: ANACKER
»Ich erzähle von den Problemen, die ich im Leben hatte«
»Ich bin für Rap wie für die Medizin, die Erfindung des Penicillin, hier ist dein Rezept …« Ein junger Mann rappt vor einer bunten Graffiti-Wand. Stilecht mit Man Bun, Schnubbi und Sonnenbrille. Unter der coolen Fassade schwingen jedoch auch nachdenkliche Töne mit. »Seit frühester Jugend waren Vorbilder Rapper, Vaterfiguren als meiner seine Sorgen ertränkt hat, Kriegsberichterstatter wie Capone-N-Noreaga, aber auch Liebesbriefverfasser und Storyteller …« Familiärer Zwist, Depression, Sucht und Selbstfindung sind die Themen, die der Künstler ANACKER in seinen Songs verarbeitet.
›Bewusster‹ Rap mit reflektierten Inhalten
Hinter dem Pseudonym steht Hendrik Anacker, geboren in Witten, aufgewachsen im Sonnenschein-Viertel, Judo-Kämpfer bei der Sport-Union Annen, Schüler am Schillergymnasium. Durch seinen älteren Bruder kam er mit deutschem und amerikanischem Rap und Hip-Hop in Kontakt. »Bereits Ende der Neunziger existierte in Witten eine rege Szene mit bekannten Größen wie Terence Chill, Dike oder Creutzfeld & Jakob«, erzählt der heute 27-Jährige. »Creutzfeld & Jakob hatten damals zwei Songs über Witten herausgebracht. Das hatte Identifikationspotenzial. Wenn jemand über deine Stadt rappt, findest du das als Jugendlicher cool!« Er wollte das auch machen, und er machte: Bald fanden erste Reime und Wortspiele ihren Weg aufs Papier und schließlich ins Rampenlicht. Bei Poetry Slams und Newcomer-Wettbewerben sammelte ANACKER erste Bühnenerfahrungen. Seine Songs oder Song-Fragmente performte der Teenager damals noch a cappella oder freestyle, wie zum Beispiel 2010 im Wittener ›Treff‹. Im Zuge eines Rap-Workshops im Jugendzentrum Famous 2013 wurde seine Stimme sogar auf CD gepresst. Immer mehr kristallisierte sich eine Richtung heraus: Conscious-Rap, also ›bewusster‹ Rap mit reflektierten, teils sozialkritischen Inhalten.
»Ich musste meinen Weg finden«
Heute lebt ANACKER in Köln, studiert Medienwissenschaften und Ethnologie und hat gerade seine erste eigene EP veröffentlicht. Sein Lebenslauf ist keineswegs so glatt, wie es auf den ersten Blick scheint. »Ich erzähle in meinen Texten von den Problemen, die ich im Leben hatte. Mit siebzehn begann für mich ein neuer Lebensabschnitt. Ich hörte mit dem Sport auf, habe häufig geschwänzt, eine Zeit lang viel gekifft – darum geht es im Song ›Wiesenstraße‹. Ich musste eine Klasse wiederholen und schließlich vom Gymnasium zum Berufskolleg wechseln.« Es folgten diverse Praktika, ein abgebrochenes Studium, eine Konditorausbildung, Jobs beim Fernsehen. »Ich wusste einfach nicht so recht, was ich wollte, musste erst einmal meinen Weg finden. Diese Suche nach Orientierung dauerte bis 2018 an. Durch mein aktuelles Studium fühle ich mich jetzt aber angekommen und habe endlich wieder den Kopf frei, um mich verstärkt der Musik zu widmen.«
Eine Liebeserklärung ›made in Witten‹
Seit Juli steht die Debüt-EP AORTA auf allen gängigen Streaming-Portalen zum Download bereit. Unter anderem wurde die Compilation im Home-Studio von Jan Luis Matejko produziert, einem Jugendfreund aus Wittener Tagen. Aber auch viele ältere Songs kann man sich online anhören. »Gerne würde ich wieder mehr auftreten«, sagt ANACKER, »am liebsten vor Jugendlichen, denn ich glaube, dass ich Themen anspreche, die junge Leute beschäftigen.« Wobei der Künstler auch die schönen Momente der Jugend einfängt: Der Track ›Höchster Hügel der Stadt‹ beispielsweise handelt von einem Sommerabend auf dem Helenenberg. Positive Vibes verströmt auch der Song ›Rashomon‹, eine Hommage an den japanischen Kultfilm. »Über diesen Song, den ich im Frühling mit einem Kumpel und meinem großen Bruder aufgenommen habe, freue ich mich besonders. Denn es ist die erste Veröffentlichung meines Bruders, der mich damals zur Rap-Musik gebracht hat.«
YouTube & Instagram: Anacker93
