Stadtmagazin Witten: Kunst und Kultur

»Vati, komm her, das Kind hat sich verstümmeln lassen!«

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Tätowiererin Susanne Renninger bringt ihre Geschichten zu Papier

Was haben Tätowierungen und Bücher gemeinsam? Sie erzählen Geschichten. Für Susanne Renninger, bekannt als Inhaberin des Wittener Tattoo-Studios ›Körperkult‹, war der Wechsel von Haut auf Papier vermutlich gar kein so weiter Schritt. Im November erschien ihr Autorinnendebüt mit dem Titel ›Ink Trouble‹, eine Sammlung witziger, autobiografisch gefärbter Short Stories über ihren Arbeitsalltag als Profi-Tätowiererin. Im März folgte ›Fateful Lust‹, der Auftaktroman zu einer Erotik-Thriller-Trilogie. »Ich wollte die Zeit des Lockdowns kreativ nutzen und war plötzlich in diesem Flow«, berichtet die 52-jährige Allround-Künstlerin. »Jetzt veröffentliche ich bald mein drittes Buch, es ist einfach unglaublich.«

Vom Pegasus auf der Arschbacke

In elf Berufsjahren hat Susanne Renninger – oder auch Susa Renn – viel Skurriles und Absonderliches erlebt. ›Ink Trouble‹ ist aber mehr als ein Geheimtipp für Fans der Körperkunst. Die freche, offenherzige Schreibe bringt auch den ›normalen‹ Leser zum Schmunzeln und eröffnet spannende Einblicke in die Szene – beginnend mit jener Partynacht, in der sich die 19-jährige Susanne ihr erstes eigenes Tattoo stechen ließ. »13 Mädels, alle recht angezwitschert, und dazwischen ein alternder Tätowierer, der ein Kumpel des Vaters war«, erinnert sie sich. »Wobei ich mich heute noch frage, was er auf der Party zu suchen hatte.« Alle hätten plötzlich ein Tattoo gewollt, berichtet sie weiter. »Es standen nur zwei Motive zur Auswahl: Rose oder Pegasus. Wahrscheinlich konnte er nix anderes … Zwölfmal Rose und der Revoluzzer, also ich, nahm den Pegasus. Auf der Arschbacke wollte ich ihn, da konnte Mama ihn nicht so schnell entdecken.« Erst Jahre später sei das Geheimnis gelüftet worden, als die Mutter der Tochter ins Hochzeitskleid half. »Sie rief ganz aufgeregt: »Vati, komm schnell. Das Kind hat sich verstümmeln lassen!« Susanne Renninger spricht, wie ihr der ›Ruhrpott-Schnabel‹ gewachsen ist. Das macht ihre Texte so authentisch. 300 Exemplare von ›Ink Trouble‹ hat sie in den ersten drei Monaten bereits verkauft. Und sogar die ProSieben-Show ›taff‹ interessierte sich für ihre Real-Life-Anekdoten – wobei sämtliche Namen realer Personen geändert wurden. Kein Körperkult-Kunde muss befürchten, sich ungewollt wiederzufinden.

Liebe, Lust und Totschlag

Für den Erotikthriller ›Fateful Lust‹ hat Susanne Renninger das Pseudonym Ann Klee erschaffen. »Ursprung des Ganzen war eine ebenfalls biografisch gefärbte Short Story«, verrät sie. »Darin treffen sich zwei Menschen nach Jahren zufällig wieder. Was einst als Jugendromanze begann, wird in einer obsessiven Affäre fortgesetzt. Meine Freundinnen waren begeistert, sie wollten unbedingt mehr wissen. Also habe ich angefangen, um die Kurzgeschichte herum eine fiktive Romanhandlung zu spinnen.« Es geht um Liebe, Lust und die Abgründe der menschlichen Psyche. »Als Leserin bin ich eher ein Krimi-Fan. Schriftsteller wie Simon Beckett, Ian Rankin, Martha Grimes und Elizabeth George gehören zu meinen Favoriten. Ich hätte daher nie gedacht, dass ich etwas Erotisches schreiben könnte. Aber ehe ich mich versah, waren 230 Seiten voll. Das hat sich komplett verselbständigt.« Auch die Fortsetzung ist bereits in trockenen Tüchern. Das Werk mit dem Titel ›Fateful Feelings‹ soll im Mai in die Bücherregale kommen. Hier stehen die Thriller-Elemente stärker im Vordergrund. »Ich habe beim Schreiben gemerkt, dass mir auch die grausamen, blutigen Szenen liegen«, schmunzelt die Autorin. »Es gibt also mehr Mord und Totschlag.« Und was ist mit Nummer drei? »Auf den warten meine Leserinnen schon sehnlichst. Aber sie müssen sich noch bis zum Herbst gedulden. Nach Beendigung des Lockdowns muss ich jetzt erst einmal wieder tätowieren.«

Buchtipps
 


Susa Renn

›Ink Trouble: Einblicke in den Studio-Alltag‹
tredition
Taschenbuch
12,95 Euro


Ann Klee

›Fateful Lust‹ + ›Fateful Feelings‹
Rediroma-Verlag
Taschenbuch
je 12,95 Euro

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