Stadtmagazin Witten: Sport und Freizeit

Das Sozialleben der Pflanzen hautnah erleben

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Die schwarzen Johannisbeeren hängen stachelbeerdick und saftig an den Rispen, das Johanniskraut beruhigt allein durch seine vielen gelben Blüten, und der Duft von frischer Minze liegt in der Luft. Wo kann man einen sonnigen Sommertag schöner verbringen als im Ruhrtal, wo die Naturschutzgruppe Witten – biologische Station e.V. (NaWit) – ihren Naturgarten pflegt. Dieser hatte im Juli erstmals wieder nach der Viruspause für Besucher geöffnet.

Ehemaliger Schrebergarten als Rückzugsort für Mensch und Tier

Eingebettet zwischen dem Schloss Steinhausen und der Ruhr entsteht auf einem ehemaligen Schrebergartengrundstück ein Rückzugsort für Mensch und – vor allem – Tier. Nun darf man sich den Naturgarten nicht wie einen Park vorstellen, in den man zum Joggen oder Picknicken geht. Es ist, wie gesagt, ein alter Schrebergarten, wenn auch ein ziemlich großer. Neben dem Grubenbahnmuseum und der Zeche Nachtigall stellt er eine weitere Attraktion im Muttental dar, die allerdings mit dem Bergbau nichts zu tun hat. Einmal im Monat an einem Samstag steht das Gelände interessierten Besuchern offen. Dann sind die NaWit-Mitglieder zugegen, verkaufen frischen Saft von Äpfeln aus Wittener Streuobstwiesen, erzählen von der Arbeit des Vereins, der rund 70 Mitglieder hat, und erklären die ›Pflanzensoziologie‹ des Gartens. Denn natürlich wachsen Obstbäume und viele essbare Kräuter hier, alles ›bio‹, versteht sich.

Altes Wissen droht unterzugehen

Wie geht man aber auf biologische Weise gegen Schädlinge vor? »Schädlinge gibt es wegen der Artenvielfalt kaum«, erklärt Jens Storchmann, der Obstbaumexperte im Verein. Diese seien vor allem ein Problem der Monokulturen. Wenn eine Pflanze einen bestimmten Fressfeind hat, finde sich immer ein anderes Gewächs, das die Schädlinge abschreckt. Das pflanzt man dann in die Nähe. Solch altes Wissen droht immer mehr unterzugehen. Der Trend geht ja zum pflegeleichten Steingarten, beklagen Naturschützer bundesweit. Genauso gehen auch viele Obstsorten unter. Zwar gibt es laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung etwa 20.000 Apfelsorten, aber in den Supermärkten findet sich gefühlt nur eine Handvoll. Im NaWit-Naturgarten steht deshalb auch ein Dülmener Rosenapfelbaum. »Diese Sorte ist hier heimisch und daher besonders widerstandsfähig«, sagt Jens Storchmann. Außerdem hätten seine Früchte einen ganz charakteristischen Geschmack. Reif sind sie etwa ab September.

»In einem lebendigen Garten wird die Seele ernährt«

Information und Wissensvermittlung ist eines der Anliegen der NaWit. Regelmäßig bietet der Verein Exkursionen und Vorträge an. Viele Veranstaltungen mussten dieses Jahr ausfallen, doch mit der Exkursion ›Fledermäuse an der Ruhr‹ zur Europäischen Fledermausnacht am 29. August geht es mit der Öffentlichkeitsarbeit endlich weiter. In ›normalen‹ Zeiten führt Hildegard Priebel gerne auch Schulklassen durch den Garten. Die bescheidene Wittenerin ist seit über 30 Jahren dabei und wie alle Mitglieder ehrenamtlich engagiert. An diesem Samstag nimmt sie sich Zeit für einen langen Plausch mit einer interessierten Besucherin. »Die Pflanzenwelt macht bodenständig. In einem lebendigen Garten wird die Seele einfach besser ernährt«, sagt diese. Vielleicht kommt sie ja an einem Dienstag wieder. Dann steht der Naturgarten allen Menschen offen, um aktiv bei der Gartenarbeit mitzuhelfen.

Blick in den Bienenstock

Auch Edgar Melenk gibt Besuchern freundlich Auskunft, obwohl er eigentlich gerade dabei ist, einen neuen Gartenzaun zu bauen. Er ist der Imker im Verein. Sieben Bienenvölker haben auf dem Grundstück hinter dem Teich und dem Eidechsenparadies ihr Zuhause, weitere Bienenstöcke stehen an der Zeche Nachtigall. Bereitwillig lässt Edgar Melenk in das Innere eines solchen Bienenstocks blicken. Dabei erklärt er fachkundig, wie seine Tiere den Honig machen und dass der Imker unter einer Tracht keine volkstümliche Kleidung versteht, sondern das Pflanzenangebot, das seinen Stechimmen zur Verfügung steht. Wenn es daran geht, den Honig aus den Waben zu schleudern, macht er gerne ein Spektakel für Kinder daraus, wie etwa zuletzt mit der Klasse 2a der Brenschenschule in Bommern.

Konkreter Naturschutz

Neben all dieser Vermittlungsarbeit setzt sich die NaWit aktiv für den konkreten Umweltschutz in Witten ein. So werden Wiesen gemäht, damit sie nicht ›verbuschen‹ und schließlich ›verwalden›, und Naturschutzgebiete gepflegt. Als unabhängiger Verein, der nicht den großen bundesweit aktiven Verbänden angehört, leistet die Gruppe zudem theoretische Arbeit, etwa wenn die Stadt Grünflächen baulich erschließen will. Dann weiß die NaWit, welchen ökologischen Wert diese Fläche hat und stellt der Stadt ein Gutachten darüber aus. Auch darüber kann man sich mit den Mitgliedern des Vereins austauschen.

Termintipp · 29.08.2020
›Fledermäuse an der Ruhr‹
Exkursion zur Europäischen Fledermausnacht

www.nawit.de

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