»Wir sind Musado!«
Von kleinen Kämpfern und großen Helden
So klein und schon so motiviert: 14 Mädchen und Jungen in weißen Kampfsportanzügen geben beim Wettrennen in der Halle Vollgas, angefeuert durch Assistenztrainerin Mattia Klepping. Nach einer kurzen Trinkpause heißt es Dehnen, dann startet das Techniktraining mit Cheftrainer Seungyong Lee. Der studierte Sportwissenschaftler und Großmeister ist 2023 aus Südkorea nach Lünen gezogen, um Original-Taekwondo in die Lippestadt zu bringen.
»Werte helfen auch außerhalb des Sports«
»Das Wort Taekwondo setzt sich aus drei koreanischen Begriffen zusammen«, erklärt Ümit Mizrak, Geschäftsführer des Vereins Musado e. V. »Tae, also Fuß, steht für die Beintechniken. Kwon bedeutet übersetzt Faust und repräsentiert die Handtechniken. Do beschreibt den Weg vom Schüler zum Meister.« Womit nicht nur die sportliche Entwicklung gemeint sei. »Mindestens genauso wichtig ist die Schulung des Charakters zu mehr Respekt, Durchhaltevermögen, Disziplin und Selbstbewusstsein. Diese von uns vermittelten Werte helfen auch außerhalb des Sports. Introvertierte Kinder lernen, sich durchzusetzen, und kommen beim Taekwondo eher aus sich heraus als bei Mannschaftssportarten, wo sie eventuell nur auf der Ersatzbank sitzen würden. Lebhafte nutzen den Kampfsport dagegen als Ventil, um sich zu verausgaben. So bieten wir allen eine Plattform, um sich zu entfalten. Der Weg ist das Ziel!«
»In der weißen Kluft sind alle gleich«
Musado ist nicht nur der älteste, sondern mit aktuell rund 400 Mitgliedern auch der größte Taekwondo-Verein der Stadt. Um die Geschichte des 2006 gegründeten Verein zu verstehen, reisen wir noch ein wenig weiter zurück, bis ins Jahr 1975, als der heutige Sportdirektor und Vorsitzende Musa Cicek im damaligen Ernsting-Haus seine ersten Kampfsportschritte ausprobierte. »Ich war acht Jahre alt, und ich hatte es mir nicht ausgesucht«, erzählt er mit einem Schmunzeln. »Mein Vater hatte mich bei dem Kurs angemeldet, wobei er dachte, dass dort Karate unterrichtet würde.« Das vermeintliche Karatetraining entpuppte sich als Taekwondo, und hier fühlte sich der junge Lüner mit türkischen Wurzeln schnell zu Hause. »In der weißen Kluft sind alle gleich. Da habe ich mich sicher gefühlt. Wenn man dann noch etwas erfolgreich ist, interessiert es sowieso niemanden mehr, wo man herkommt.«
Vom Außenseiter zum Europameister
Sich als ›etwas erfolgreich‹ zu bezeichnen, ist eine sympathische Untertreibung des ehemaligen Spitzensportlers, der mit seinen Triumphen erst auf Nachfrage herausrückt – Bescheidenheit wird im Taekwondo ebenfalls großgeschrieben. Nach und nach erfahren wir, dass zwei Goldmedaillen bei Europameisterschaften, eine Bronzemedaille bei der WM in Seoul 1989 und die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona seine Laufbahn krönen. Nach Ende seiner aktiven Karriere engagierte er sich über viele Jahre als Bundestrainer und Funktionär im Landes- und Bundesverband. Für seine Sportsfreunde in Lünen ist Musa Cicek ein echter Held. »Natürlich zeichnet uns dieser Background als Verein aus«, lächelt er. »Wir haben Erfahrung aus 50 Jahren Leistungssport, die wir an die nächsten Generationen weitergeben können.«
Los geht es mit den Bambinis
Und dennoch ist Musado kein reiner Leistungssportverein. Das Training findet von montags bis freitags nach Altersgruppen gestaffelt im Obergeschoss des Geschäftshauses am Roggenmarkt 2 statt. Los geht es mit den Bambinis im Alter von drei bis sechs Jahren, die spielerisch an den Sport herangeführt werden. Der älteste aktive Athlet ist über 60 Jahre alt. Trainiert wird vom Weißgurt bis zum höchsten Dan. Aber auch wer keine solchen Ambitionen hat und sich nach der Arbeit einfach ein bisschen auspowern will, ist herzlich willkommen. »Es gibt hier einige, die erst spät angefangen haben«, berichtet Virginia Schlat, Social-Media-Managerin und Mama von zwei kleinen Nachwuchskämpfern. »Bestes Beispiel ist mein Mann, der von unseren Kindern angesteckt wurde und seit letztem Jahr selbst auf der Matte steht.«
Der Weg des Kämpfers
»Taekwondo eignet sich für jedermann und jedes Alter«, schwärmt Ümit Mizrak. Einst war er Schüler von Musa Cicek, 2006 hat er den Verein mitbegründet. Heute sind die beiden das Gesicht von Musado e.V. Zum Vereinsnamen haben sie eine eigene lustige Geschichte zu erzählen: Anders, als man vermuten könnte, handelt es sich dabei nämlich nicht um eine Hommage an den ersten Vorsitzenden – jedenfalls nicht nur. Musado bedeute auch noch etwas anderes. »Der Begriff ist koreanisch und heißt übersetzt: Weg des Kämpfers«, verrät Musa Cicek. »Das habe ich auch erst herausgefunden, als ich damals zu meiner ersten WM in Korea war und von meinen Gegnern komisch angeguckt wurde. Die dachten wohl, Musa – also Kämpfer – sei mein Spitzname. Von da an wusste ich: Wenn ich irgendwann mal einen Verein gründe, dann muss er so heißen!«
»Es ist eine Lebensphilosophie!«
Aber irgendwie gehören bei Musado auch diejenigen zur Familie, die gar nicht aktiv mitkämpfen bzw. eher am Rand der Turnhalle zur Höchstform auflaufen. »Ich finde es ganz toll, dass man als Mama wie ein vollwertiges Mitglied behandelt und eingebunden wird«, freut sich Virginia Schlat. »Es gibt viele Events, bei denen auch die Eltern mitmachen können, wie Mutter-Kind-Trainings oder Kinotage. Alle sind mit Herz und Seele dabei. Bei Wettkämpfen feuert man sich gegenseitig an. Dieses Miteinander ist einfach wunderschön.« Als Social-Media-Beauftragte will sie diese Botschaft nach außen tragen. »Unser Hashtag ist ›Wir sind Musado‹! Und das leben wir!« Ümit Mizrak bringt es zum Abschluss auf den Punkt: »Taekwondo ist mehr als ein Vereinssport. Es ist eine Lebensphilosophie!«
Musado e. V.
www.musado-taekwondo.de
Instagram: musadotaekwondo
Facebook: Musado Taekwondo
Probetraining für Kinder: Di. + Do. 17–18 Uhr
Probetraining für Erwachsene: nach Absprache
Öffentliche Veranstaltungen zum Zuschauen:
31.3., 17 Uhr · Kukkiwon-Seminar
06.4., 10 Uhr · Gürtelprüfung
