Stadtmagazin Lünen: In der Stadt

Ab in die Pilze!

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Eine herbstliche Waldwanderung

Wenn goldenes Licht durch die Wipfel fällt und der Boden von buntem Laub bedeckt ist, sprießen sie vermehrt am Wegesrand, in der weichen Erde zwischen Wurzeln und an knorrigen Baumstümpfen: Pilze in allen Formen und Farben. Der Anblick macht richtig Lust, mal wieder mit Großmutters Körbchen loszuziehen … Doch Obacht: Die kleinen Waldgewächse sind nicht immer so köstlich, wie sie aussehen, und manche können gar tödlich sein.

Speisepilze und ihre toxischen Doppelgänger

»Der häufig vorkommende Mehlräsling ist zwar gut essbar, könnte von Laien jedoch mit den sehr ähnlichen und hochgiftigen Weißen Trichterlingsarten verwechselt werden«, warnt Pilzfachmann Jochen Beier. »Verwechselungsgefahr besteht auch zwischen dem allseits beliebten Stockschwämmchen und seinem toxischen Doppelgänger, dem Nadelholzhäubling, der inzwischen auch in Laubwäldern beheimatet ist. Stockschwämmchen sollten daher nur von Kennern gesammelt werden.« Im Auftrag von VHS und Waldschule Cappenberg führt der Experte jedes Jahr im Herbst naturkundliche Führungen für Gruppen durch. Dabei erfahren die Teilnehmenden, warum Pilze für das Ökosystem so wichtig sind, welche Sorten für das Abendbrot taugen und um welche Exemplare man lieber einen weiten Bogen machen sollte.

Tückisch: der Kahle Krempling

Zur Gruppe der letzteren zählt auch der Kahle Krempling, der noch bis in die 70er-Jahre in großen Mengen gesammelt wurde. »Dieser Pilz ist roh gesundheitsschädlich, weshalb er früher vor dem Verzehr abgebrüht und scharf gebraten wurde«, erzählt Jochen Beier. »Dennoch kam es in Einzelfällen immer wieder zu schweren Vergiftungen. Irgendwann fanden Wissenschaftler heraus, dass der Pilz ein Antigen enthält, auf das manche Menschen ähnlich wie auf Pollen sensibel reagieren. Das Tückische daran: Die Reaktion ist nicht vorhersehbar und nicht immer gleich. Jemand, der den Pilz heute verträgt, kann sich durchaus nächstes Jahr damit vergiften. Kinder und alte Menschen sind besonders gefährdet. Trotzdem sehe ich bei Exkursionen gelegentlich noch immer ältere Leute, die den Kahlen Krempling sammeln – weil sie das so von früher kennen.«

Aus den heimischen Wäldern in die Welt

Der gebürtige Dortmunder ist mit dem Thema quasi aufgewachsen. Schon als Kind erkundete er mit seinem Vater und seinem Bruder die stadtnahen Wälder, sammelte Hallimasch und Maronenröhrlinge. »Dabei hatte ich als kleiner Junge so viel Spaß, dass ich mit neun mein erstes Bestimmungsbuch zu Weihnachten geschenkt bekam«, berichtet er. »Das habe ich dann abgeschrieben und abgemalt und durch eigene Entdeckungen ergänzt.« In seiner Jugend zog es ihn aus den heimischen Wäldern in die Welt. Die raue Landschaft der Alpen hatte es ihm besonders angetan. Viele bekannte Gipfel wurden von ihm erklommen. »Noch heute bin ich am liebsten mit Rucksack und Zelt unterwegs. Natürlich plane ich bei solchen Touren immer ausreichend Proviant ein. Aber wenn ich unterwegs essbare Pilze finde, nehme ich sie oft auch mit!«

»Selbst Giftpilze erfüllen eine wichtige Funktion im Ökosystem«

Mit seinen Vorträgen und Exkursionen durch den Cappenberger Wald möchte Jochen Beier seine Begeisterung weitergeben und das Interesse an der Natur vor der eigenen Haustür wecken. »Selbst Giftpilze erfüllen eine wichtige Funktion im Ökosystem«, betont er. »Manche Arten fungieren als natürliche Abfallverwertung: Sie befallen Bäume, die nach einem Sturm oder durch den Borkenkäfer nicht mehr vital sind, zersetzen Holz, Nadeln und Laub und tragen zur Humusbildung bei – damit der Wald gesund bleibt und nicht an sich selbst erstickt. Andere Arten bilden Lebensgemeinschaften mit Bäumen. So siedeln sich beispielsweise Goldröhrlinge ausschließlich in der Nähe von Lärchen an. Ihre Fadengeflechte im Boden durchdringen die Wurzel, es kommt zu einem Nährstoffaustausch.«
 
Passionierten Pilzesammler*innen empfiehlt er, bei Wanderungen Rücksicht auf Flora und Fauna zu nehmen, keine übermäßigen Mengen zu sammeln, ungenießbare Pilze nicht zu zertreten – und im Zweifel lieber die Finger von Exemplaren zu lassen, die man nicht mit hundertprozentiger Sicherheit bestimmen kann.

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