Die Wege des Wassers
Mit dem SAL auf Entdecker-Tour
Wasser ist überall und ständig verfügbar – so scheint es jedenfalls. Wir brauchen nur den Hahn aufzudrehen, schon sprudelt es hervor. Dagegen warnen Forscher seit geraumer Zeit vor einem weltweiten Wassermangel durch den Klimawandel. Höchste Zeit, sich eingehender mit dem Thema zu befassen. Wo kommt das erfrischende Elixier eigentlich her – und wo geht es hin? Warum trocknen Seen in heißen Sommern nicht aus? Wieso ist eine natürliche Regenwasserversickerung so wichtig? Unsere Redakteurin wollte mehr wissen – und ging mit Hilfe des SAL (Stadtbetrieb Abwasserbeseitigung Lünen) auf eine App-gestützte Entdeckertour.
Urbane Oase: der Horstmarer See
Ein warmer Junitag im Seepark Horstmar. Die Badezone ist (zum Zeitpunkt meines Ausflugs noch) pandemiebedingt abgesperrt – was den Reiz des urbanen Biotops für mich kein bisschen schmälert. Eine leichte Brise rauscht in den schattenspendenden Baumwipfeln. Die Seeoberfläche glitzert im Sonnenlicht. In Ufernähe kann man zartes Grün am Grund wogen sehen. Weit draußen ziehen Enten und Blässhühner vorbei. Nicht nur Flora und Fauna gedeihen in der Nähe des Gewässers, auch wir Menschen finden hier Ruhe, Erholung und Abkühlung. Der neun Hektar große Horstmarer See gehört unbestritten zu den schönsten Ausflugszielen der Stadt. Viel weiß ich trotzdem nicht über ihn. Das soll sich nun ändern. Um die Wege des Wassers zu veranschaulichen, hat der SAL im Rahmen eines durch das Umweltministerium NRW und den Lippeverband geförderten Pilotprojektes zehn interaktive Entdeckertouren mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen ausgetüftelt. Eine davon ist die knapp einen Kilometer lange ›Seeparkroute a‹. Und die probiere ich heute aus!
Warum Gewässer im Sommer nicht austrocknen
Was für mich als Technik-Banause eventuell zur Herausforderung werden könnte … Zuerst muss ich mir die Actionbound-App aufs Smartphone laden. Überraschenderweise ist die Sache aber gar nicht so kompliziert. Mit ein paar Klicks habe ich meine Route ausgewählt und den Startpunkt nahe dem Café ausfindig gemacht. Möge die Schnitzeljagd beginnen! Erster Stopp ist das Wasserspiel, zu ›Nicht-Coronazeiten‹ ein beliebter Kinderspielplatz mit tollem Seeblick. Hier erhalte ich gleich die erste Antwort: Eine Audio-Stimme erklärt, dass der 1996 im Zuge der Landesgartenschau angelegte Horstmarer See von oben durch den Regen und von unten durch das Grundwasser bespeist wird. So ist er immer gut gefüllt, obwohl er über keinen natürlichen Zufluss verfügt. Dazu lockt eine Quizfrage: Wie wirkt sich die Verdunstung des Wassers auf die Umgebungstemperatur aus? Okay, die Fragen sind für Kinder konzipiert. Trotzdem bin ich ein bisschen stolz, dass ich sie richtig beantworte.
Von Pegeln und Pumpen
Aber was passiert bei einer längeren Dürre? Aufklärung folgt an der nächsten Station. Hier erfahre ich, dass zwischen dem See und dem nahen Datteln-Hamm Kanal eine unterirdische Leitung existiert, die bei Bedarf von den Mitarbeitern des SAL geöffnet werden kann. Danach lotst die App mich noch zur Pegellatte, anhand derer der Wasserspiegel gemessen wird, und zum Pumpwerk, welches für den Wasserdruck auf den Leitungen und den Hydranten im Seepark verantwortlich ist. Davon profitieren auch die Gärtner und – im Notfall – die Feuerwehr. Nach gut dreißig Minuten habe ich sämtliche Stationen absolviert und einiges dazugelernt, womit ich beim nächsten Treffen mit unseren ökologisch engagierten Freunden punkten kann. Da es noch früh am Tag ist, beschließe ich, die ›Seeparkroute b‹ gleich hinten anzuschließen … Weitere Entdeckertouren führen durch die Innenstadt, zum Cappenberger See, nach Gahmen, Brambauer, Lippolthausen und Osterfeld sowie zum Krempelbach, Mühlenbach und Stellenbach. Viel Programm – aber der Sommer ist ja noch lang.
»Der natürliche Kreislauf funktioniert nur, wenn alle ihren Teil dazu beitragen!«
Wie kamen Sie auf die Idee zu den Entdeckertouren?
Zurzeit gibt es Fördergelder vom Land NRW, von denen auch sogenannte Umweltbildung in puncto Regenwasser gefördert wird. Umweltbildung bedeutet, dass das Thema Wasserkreislauf, Umgang mit Regenwasser oder die Nutzung von Regenwasser insbesondere den Kindern und Jugendlichen nähergebracht werden soll. Doch gerade bei jüngeren Menschen sind Vorträge ja eher ›out‹. Wir haben uns gefragt, wie sich Informationen mit lokalen Sehenswürdigkeiten und unseren Abwasseranlagen zu einem spannenden Erlebnis verknüpfen lassen. So sind im März 2021 die Entdeckertouren entstanden. Neben den Touren haben wir ein Mitmach-Programm mit kurzen Vorträgen und Experimenten speziell für KITAs entwickelt. Beide Pakete wurden in einem Pilotprojekt mit insgesamt fast 50.000 Euro gefördert. Die Ergebnisse aus Lünen sollen künftig auch anderen Kommunen zugänglich gemacht werden. Unterstützt hat das Projekt die Agentur hbwa aus Lünen.
Warum ist Aufklärung zum Thema ›Wasser‹ so wichtig?
80 Prozent unseres Trinkwassers werden aus dem Grundwasser gewonnen. Doch die Bestände gehen wegen der großen Trockenheit nachweisbar zurück. Zwar hat das tropische Klima zur Folge, dass sich die Hitze in sogenannten Starkregenereignissen entlädt. Jedoch fällt der Niederschlag in den Städten oft auf versiegelte Flächen wie gepflasterte Einfahrten oder Gehwege. Das bedeutet, er kann nicht versickern, sondern wird durch die Straßenseitenabläufe – der Fachjargon für Gullys – in die Kanalisation geleitet, wo er sich in Lünen mit dem Schmutzwasser vermengt. Denn das Kanalnetz in Lünen ist größtenteils ein Mischwassersystem. Dass das Regenwasser dem Kanal zufließt, ist energetisch gesehen natürlich nicht optimal, denn oftmals muss das Regenwasser nicht gereinigt werden.
Was können wir dagegen tun?
Wir können das Regenwasser abkoppeln. Das heißt, wir leiten unsere Dachrinne
z. B. in eine Mulde in den Garten, oder wir bauen eine Trennkanalisation in Neubaugebieten und leiten das Regenwasser direkt in ein Gewässer. Dort kann das Wasser dann versickern, ins Grundwasser eintreten oder Gewässer wie den Horstmarer See speisen. Wir als SAL wollen sowohl die Kommunen als auch die Privatbürger zum Nachdenken anregen. Hausbesitzer haben die Möglichkeit, statt eines Steingartens Beete zu pflanzen oder das Regenwasser in Zisternen zu speichern und für ihre Bewässerung zu nutzen. Gerne beraten wir dazu. Kommunen sollten das Thema bei der Erschließung neuer Baugebiete im Hinterkopf haben. Natürlich spielt ein einzelner kleiner Garten keine große Rolle – aber die Menge macht’s! Der natürliche Kreislauf funktioniert nur, wenn alle ihren Teil dazu beitragen!«
Welche Tour sollten wir uns als nächstes vornehmen? Haben Sie eine Empfehlung?
Mit kleinen Entdeckern bereitet die kindgerechte Strecke am Cappenberger See viel Freude. Hier erzählt unser Maskottchen namens ›Rosali‹, ein sprechender Wassertropfen, die Geschichte des Wasserkreislaufs. Sehr schön für die ganze Familie ist auch die Route am Krempelbach. Wer gerne viel läuft, kann in Lippolthausen auf drei Kilometern in die Vergangenheit eintauchen.
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