Stadtmagazin Lünen: Kunst und Kultur

Rendezvous mit dem Tod

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Atelierhaus-Künstler Daniel Hacker im Interview

Oben unter dem Dach des Lüner Atelierhauses gibt es einen Raum, der sich durch ein besonders hohes Maß an Düsternis auszeichnet. Totenschädel, Skelette, Sensemänner – der Tod treibt hier in verschiedenster Gestalt sein Unwesen. Wir wollten den Erschaffer der finsteren Werke kennenlernen – und trafen: Daniel Hacker, einen international erfolgreichen Filmemacher mit bunten Tattoos und einer Vorliebe für guten Kaffee.

»Ein faszinierendes Mysterium«

»In meinen Bildern geht es um die Urängste, die jeder Mensch mit sich herumträgt«, erzählt der 35-Jährige frei von der Leber weg. »Das Thema Tod hat mich seit meiner Kindheit begleitet. Wenn in deiner Familie viele früh sterben, beginnst du automatisch, dich damit zu beschäftigen. In diesem Sinne ist meine Kunst sicherlich eine Aufarbeitung von Verlusten. Gleichzeitig ist es aber auch die Auseinandersetzung mit einem faszinierenden Mysterium. Ich bin beispielsweise ein großer Fan der ›gefallenen Engel‹ des Künstlers Derek Hess, der über die New York Hardcore-Szene berühmt wurde, und habe das Totenfest in Mexico City besucht: Da schieben sie Skulpturen so groß wie Häuser durch die Gegend, Millionen Menschen feiern zusammen, das ist einfach mega!«

Vom Atelier ins Filmgeschäft

Seinen Lebensunterhalt bestreitet Daniel Hacker mit professionellen Werbespots, Musikvideos, Animationen, Spiel-/Dokumentarfilmen und Serien. Gemeinsam mit einem Freund betreibt er in Dortmund die Firma Adlips Productions. Dabei wollte er eigentlich immer »Kunst machen«, war mit neunzehn bereits an einer Akademie eingeschrieben. Statt die Hörsaalbank zu drücken, arbeitete er aber zunächst in den Ateliers eines befreundeten Künstlers im Sauerland und auf Menorca. »Das war für mich damals ein guter Kompromiss. Ich konnte Geld verdienen und trotzdem das tun, worauf ich Bock hatte.« Auch das später begonnene Grafikdesignstudium an der FH Dortmund verlief ein klein wenig anders als geplant. »Ich habe gleich an meinem ersten Tag einen Film-Professor kennengelernt. Der hat mich so beeindruckt, dass ich direkt zu ihm ins Filmfach wechselte.«

»Die Filmwelt ist auch eine Wahnwelt«

Die von Daniel Hacker und seinem Kölner Regie-Kollegen Dirk Rosenlöcher kreierte Horror-Webserie ›Discocalypse‹ wurde 2016 auf zahlreichen Festivals preisgekrönt. »Aber die Filmwelt ist auch eine Wahnwelt«, verrät er. »Wenn man dreht, kriegt man wochen- oder monatelang nichts mehr mit. Und wenn man dann da rauskommt, fällt man in ein Loch, weil man plötzlich nichts mehr zu tun hat. Ich hasse es, untätig zu sein. Irgendwann meinte meine Frau: Hey, warum fängst du nicht mal wieder mit Kunst an?« So kam der Profifilmer über seinen Schwiegervater, den ›Spektrum 15‹-Mitbegründer Heinz-Werner Kleine, vor rund zweieinhalb Jahren ins Lüner Atelierhaus.

Kreativ bei Nacht

Das kleine schwarze Skizzenbuch, in dem seine Werke ihren Ursprung nehmen, trägt er seitdem immer bei sich. Für die Ausgestaltung der Ideen in Form von schwarzen Radierungen auf Büttenpapier braucht Daniel Hacker die Ruhe der Nacht – weshalb er meist erst in den späten Abendstunden in seiner kleinen Lüner Werkstatt anzutreffen ist. Die wunderbar düsteren Ergebnisse dieser kreativen Schaffensprozesse sind übrigens nicht käuflich. Sie werden höchstens verschenkt oder können bei ausgewählten Ausstellungen bewundert werden.

»In der Kunst darf man auch mal anecken«

»Meine künstlerische Tätigkeit ist der komplette Gegenentwurf und ein Ausgleich zu dem, was ich sonst mache. In der Filmbranche wird man ja ständig beäugt und muss irgendwelchen Regeln gerecht werden. In der Kunst darf man dagegen auch mal anecken. Zwar gibt man viel von sich preis und braucht hin und wieder ein dickes Fell – zum Beispiel, wenn sich sonntagnachmittags Gäste von unten hier herauf verirren und bemerken, dass sie sich deinen ›Scheiß‹ nicht an die Wand hängen würden. Aber das ist voll in Ordnung. Ich muss mich in kein Regelwerk pressen lassen, und nicht jeder muss meine Kunst verstehen.«

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