Stadtmagazin Lünen: In der Stadt

Bewegung in die Stadt bringen

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Reporter Marek Firlej im Selbstversuch

»Wir beginnen mit Burpees«, sagt die Trainerin. »Weißt du, was Burpees sind?« Ja, das weiß ich. Sie sind der Grund, weswegen mir jetzt schon der Schweiß auf der Stirn steht. Angstschweiß.

»Sportsachen? Ich besitze nicht mal welche …«

Worauf habe ich mich da nur eingelassen?, denke ich mir. Das letzte Mal, dass ich Sport getrieben habe, war in grauer Vorzeit, und jetzt berichte ich im Selbstversuch über ›Sport im Park‹. Burpees vereinen Liegestütz, Kniebeuge und Strecksprung in einer fließenden Bewegung. Die vielleicht forderndste Übung, die ich kenne. Aber was weiß ich schon? Ich habe zehn Kilo zu viel auf den Rippen (oder vielmehr auf dem Bauch), und als ich am Sportplatz des TuS Westfalia Wethmar ankam, antwortete ich auf die Frage: »Hast du Sportsachen dabei?«, wahrheitsgemäß mit: »Ich besitze nicht mal welche …« Doch es hilft alles nichts, ich muss runter in den Liegestütz.

Leibesertüchtigung bei jedem Wetter

›Sport im Park‹ findet zwischen Oktober und März an drei Tagen pro Woche in Wethmar, Alstedde und Brambauer statt. Im Sommer, also von April bis September, gibt es sogar zehn Kurse im gesamten Lüner Stadtgebiet. Eine Anmeldung ist nicht nötig, las ich auf der Internetseite des Vereins MiMa Sports, der die Kurse in Kooperation mit der Sportverwaltung der Stadt Lünen organisiert. ›Genieße das Training an der frischen Luft‹, steht da auch. Den ganzen Tag, bevor ich mich auf den Weg nach Wethmar gemacht habe, hatte ich missmutig durch das regenbeschlagene Fenster nach draußen geblickt, in der frommen Hoffnung, es möge sich doch ein Sonnenstrahl meiner erbarmen. Doch je näher der Beginn rückte, umso dunkler und trüber wurde es. Das Training findet bei jedem Wetter statt. Im Winter trifft sich der harte Kern zur Leibesertüchtigung. »Das sind meistens so sechs bis zehn Personen. Wir haben hier auch schon im Schnee Liegestütze gemacht«, sagt Hans. Der 64-Jährige gehört zu besagtem ›harten Kern‹, ist schon seit rund vier Jahren dabei. Jede Woche, gerne auch zweimal wöchentlich, bei Sonnenschein wie im Regen. Seit meiner Ankunft ist es zum Glück trocken.

»In der Menge untertauchen kann ich nicht. Umso familiärer ist die Atmosphäre.«

Und ich sehe, wie Hans rechts von mir problemlos die Burpees macht, acht Stück an der Zahl. Links von mir springt Heike aus der Hocke in die Höhe und gleitet dann zurück in den Liegestütz. Auch sie ist schon fast von Anfang an dabei. Vor mir steht die Trainerin Ines und schaut mich an. An diesem Donnerstag sind es nur diese beiden Teilnehmer und sie, die ich hier treffe. In der Menge untertauchen kann ich also nicht. Aber umso familiärer ist die Atmosphäre. Also los. Liegestütz, in die Hocke, hochspringen. In Jeans, mit schweren Stiefeln an den Füßen. Sportschuhe besitze ich natürlich auch nicht. Nach acht Burpees watscheln wir im glute walk über das kleine Kunstrasenfeld. »Glute walk kommt von Gluteus – Gesäßmuskel – also dem ›Boppes‹«, erklärt Ines. Damit dieser auch gut zu tun hat, sollten wir uns Sportgummibänder um die Beine schlingen. Dabei geht Ines auf individuelle Wünsche ein: Soll es ein strafferes Band sein? Oder ist die Aufgabe zu schwer? Kein Problem. Gezwungen wird hier keiner zu etwas. Die Trainerin weiß die Übungen individuell zu modifizieren, damit sie leichter oder intensiver werden.

Weiße Punkte tanzen im Schein der Flutlichter. Es nieselt. Oder ist es gar Schneeregen? Es macht mir in diesem Moment überhaupt nichts aus. Es tut gut, seinen inneren Schweinehund doppelt überwunden zu haben. Ich bin erstens draußen, zudem in gutgelaunter Gesellschaft, und zweitens bewege ich unter fachkundiger Anleitung meinen träge gewordenen Körper. Der sich mit der richtigen Motivation gar nicht mehr so träge anfühlt, wie ich nebenbei bemerke, während ich kraft meiner Armmuskulatur ein Gummiseil spanne.

Ausgewogenes Training für Beine, Bauch und ›Boppes‹

Ich kämpfe mich noch durch eine Übung, in der ich mein Unvermögen, auf einem Bein zu stehen, demonstrieren kann. Das wird aber überhaupt nicht kommentiert. Ehrlich gesagt ist meine Befürchtung, eine Witzfigur zu machen, ratzfatz verflogen. Lockere Sprüche, Verständnis und viel Lächeln prägen die Stunde. Als ich am Ende, nach 60 Minuten ausgewogenen Trainings für Beine, Bauch und ›Boppes‹, gefragt werde, ob ich wiederkommen möchte, klingt es nicht nach hohler Höflichkeit, sondern wie eine ernstgemeinte Einladung, auch von Hans und Heike. Die beiden verabschieden sich schließlich und steigen auf ihre Fahrräder. Noch mehr Bewegung!, denke ich anerkennend.

Sieg über den inneren Schweinehund

Ines erklärt mir zum Schluss noch, dass sie sich für jedes Mal andere Übungen überlegt. Dafür bringt sie auch unterschiedliche Gerätschaften mit. Da jeder ohne Anmeldung mitmachen kann, weiß sie zwar nie, wie viele Teilnehmer es werden, aber auch dafür hat sie eine Lösung. Im Zirkeltraining wechseln sich die Teilnehmer an den Geräten bzw. mit den Übungen ohne Hilfsmittel ab. Im Endeffekt bietet ›Sport im Park‹ damit eine abwechslungsreiche Alternative zum Fitnessstudio. Die Teilnahme ist kostenlos und unverbindlich (wenngleich es natürlich ratsam ist, regelmäßig Sport zu treiben). Es fühlt sich, anders als in der Muckibude, nach Freude an der Bewegung an und nicht nach Selbstoptimierung. Mich persönlich motiviert diese Erfahrung, mich wieder mehr an der Luft zu bewegen. Ich freue mich sogar auf den wohlig brennenden Muskelkater, der mich an den Sieg über den inneren Schweinehund erinnert. 

MiMa Sports e. V.­ – Wie alles begann

Hinter der Veranstaltungsreihe ›Sport im Park‹ stecken der MiMa Sports e. V. und die Stadt Lünen. Der heutige Vereinsvorsitzende Michael Gössing und Geschäftsführer Marco Mowinkel, damals beide noch Studenten, hatten 2015 die Idee, etwas Bewegung in ihre Heimatstadt zu bringen – im wahrsten Wortsinne. Im Park am Cappenberger See organisierten sie das erste Freiluftsport-Treffen in Lünen. »Schon beim ersten Mal waren 30 Teilnehmer da«, erinnert sich Michael Gössing. Ein überraschender Erfolg, der sich sehen lassen konnte. 2017 startete die Kooperation mit der Sportverwaltung der Stadt Lünen, die dafür sorgte, dass nicht nur in Wethmar bzw. Altlünen Fitness unter freiem Himmel betrieben wird, sondern auch in anderen Stadtteilen. Bis zu zehn Kurse gibt es in der Woche, die je nach Standort zwischen 15 und 30 Teilnehmer anlocken. Insbesondere stellt die Stadt die Finanzierung der Trainer sicher – und das auf jeden Fall bis 2021, wie David Littmann von der Sportverwaltung versichert. Was Standorte und Uhrzeiten angeht, arbeiten Stadt und Verein flexibel zusammen, um ein Angebot für alle Bürger zu schaffen. Eine Partnerschaft für ein offenes Sportprogramm ist vonseiten der Sportverwaltung auch für andere Vereine offen, wenn sie das bestehende Angebot ergänzen.

Außerdem: Angebote für Kinder

Überhaupt ist Kooperation ein Grundpfeiler der Vereinsphilosophie von MiMa Sports. Der Verein bringt Konzepte und Engagement mit und geht damit an Schulen, Kindergärten, Sportvereine und -verbände und dergleichen mehr. Neben der ›Sport im Park‹-Idee führt der Verein mit seinen Trainern auch zahlreiche Angebote für Kinder durch. Die ›Ballschule‹ fördert das natürliche Spielen der Kinder und führt sie an alle möglichen Ballsportarten heran (z. B. an der OGS Osterfeld II). Ebenfalls an Schulen finden Programme wie der koordinierte ›Pausensport‹ (so etwa am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium) oder ein sogenanntes ›Sportkarussell‹ statt (u. a. an der Grundschule Lüserbach). Die ›Sprachschule‹ vermittelt auf sportliche Weise Grundlagen der deutschen Sprache für Migranten. Damit ist der Verein mit mehr als 50 unterschiedlichen Kursen auch im Lüner Umland vertreten, von Dortmund über Herne und Recklinghausen bis nach Essen.

Miteinander und Integration

Man sieht am Angebot des Vereins, dass es dem Team um das Zwischenmenschliche geht, um das Miteinander und um Integration. Daher legt MiMa großen Wert darauf, dass ihre Trainer neben sportlichen Qualifikationen auch soziale Kompetenzen vorweisen können, erklärt Vereinsgründer Michael Gössing. Daher sind die Leiter bei der Ball- oder der Sprachschule zum Teil angehende Sport- oder Deutschlehrer. Regelmäßig finden für die Trainer Fortbildungen mit Partnern statt – auch hier zeigt sich wieder der Netzwerkgedanke des Vereins.

Sport im Park – Fit-Mix im Winter

(Oktober bis März, je 18.30–19.30 Uhr)    
Montag: Sportplatz TuS Westfalia Wethmar
Treffpunkt am hinteren Ende des Sportplatzes, nicht am Eingang

Dienstag: Sportplatz BW Alstedde
Treffpunkt vor dem Klubhaus, Training auf der Wiese neben dem Fußballplatz

Donnerstag: Sportplatz TuS Westfalia Wethmar
Treffpunkt s. o.

Donnerstag: Sportplatz BV Brambauer
Treffpunkt am Haupteingang, Training hinter den Toren

Im Sommer (April bis September) weitere Termine in Wethmar/Altlünen (Park am Cappenberger See), Alstedde (Heideblümchenpark), Brambauer (Nordpark), Horstmar (Seepark), Nordlünen (Grillwiese) und in Lünen-Süd (Südpark)
Mehr Informationen:
www.mimasports.de/sport-im-park
www.luenen.de/leben-in-luenen/sport/sportangebote/sport-im-park/

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