Stadtmagazin Lünen: Soziales

Goodbye Deutschland

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Der Musiker Tomas Simon gründet eine Charity-Stage in Afrika

Mit 14 performte Tomas Simon erstmals im ›Disco Club‹ am Lüner Hauptbahnhof. Bei ›Wetten, dass ..?‹ verpasste er seiner damaligen Chefin Gaby Dengel-Lorenz im Rahmen der Saalwette vor laufenden Kameras einen Irokesenschnitt. Er lebte als Musiker in der Türkei, veranstaltete deutschlandweit Hilfsaktionen für das NKR (Norddeutsches Knochenmark- und Stammzellspender-Register) – inklusive Live-Typisierung im Schaufenster – und tourte mit einer afrikanischen Band, die er während einer Reise kennengelernt hatte, spontan durch Kenia. Ja, man kann wohl sagen, dass dieser Mann für jedes Abenteuer zu haben ist. Jetzt erreichte uns die neueste Meldung: Im Januar wird der Lüner Liedermacher seinen Lebensmittelpunkt nach Ghana verlegen, um dort ein Charity-Projekt für Straßenkinder zu gründen.

»Das wird die Herausforderung meines Lebens«

Wir sind neugierig: Wie kam es dazu? Was genau ist eigentlich geplant? Und: Packt einen vor einem solchen Schritt nicht doch die Aufregung? »Natürlich, ich bin total aufgeregt, das wird die Herausforderung meines Lebens«, verrät der 52-Jährige und strahlt über das ganze Gesicht: »Aber ich freue mich auch! Die Menschen in Afrika haben ›nix anne Füße‹, aber eine so positive Ausstrahlung im Gesicht, sie sind offen, herzlich, hilfsbereit und nehmen dich so, wie du bist. Es ist der Hammer, wie viele nette Leute mir gerade schreiben, weil sie mit mir zusammenarbeiten und etwas auf die Beine stellen wollen. Und die Presse in Afrika ist auch begeistert. Es haben sich schon Radio- und Fernsehteams gemeldet, die meine Charity-Tournee begleiten wollen. Das wird ganz zauberhaft!«

»Diese Kids haben keine Lobby!«

Eine Fernsehdokumentation gab den Ausschlag. »Da wurde gezeigt, wie kleine Kinder barfuß in kilometerweiten, brennenden Müllfeldern nach Elektroschrott suchen. Das hat mich so berührt, davon kriege ich jetzt noch Gänsehaut. Diese Kids haben keine Lobby, niemanden, der ihnen hilft. Ich habe mich schon hier in Deutschland immer für Kinder eingesetzt, insbesondere im Rahmen von Typisierungsaktionen für junge Leukämiepatienten. Aber diese TV-Doku, das war der Moment, in dem ich dachte: Nun ist der Zeitpunkt gekommen, eine eigene Foundation ins Leben zu rufen! Klar kann man nicht die ganze Welt retten, und theoretisch hätte es wohl auch ein anderes Land sein können. Aber in Ghana und Kenia kenne ich nun mal viele Künstlerkollegen und Produzenten, die mich schon häufiger eingeladen haben. So entschloss ich mich, alles auf eine Karte zu setzen, den Sprung zu wagen.«

Songs auf Deutsch, Englisch, Türkisch, Hebräisch und Suaheli

Im Januar soll der Flieger Richtung Accra abheben. Vielleicht werden dann auch schon Kameraleute der Vox-Show ›Goodbye Deutschland‹ mit am Start sein. Die fremde Sprache stellt für ›Tom‹, wie ihn Freunde nennen, übrigens kein Hindernis dar. »Wenn ich interessante Menschen treffe, dann will ich ihre Songs lernen. Seit 2001 singe ich auf Deutsch, Englisch, Türkisch, Hebräisch und Suaheli. Gerade lerne ich auch noch Arabisch und Polnisch.« Er schmunzelt. »Thailändisch habe ich mal versucht, aber das war eher eine Katastrophe.«

Ein Haus für Straßenkinder

Vom ›Headquarter‹ in der Metropole Accra aus wird die durch Eugene Kobby und das afrikanische Tourneemanagement OG UG Entertainment organisierte Charity-Konzertreihe den deutschen Singer & Songwriter auch durch Ghanas Nachbarländer Kongo, Burkina Faso, Benin, Gambia und Nigeria führen. »Große Teile der Eintrittsgelder werden in meine Foundation fließen. Davon wollen wir ein Haus für Straßenkinder finanzieren: mit Unterkunft, medizinischer Versorgung, Schule und einer festen Charity-Stage, auf der wir unterschiedlichste Künstler willkommen heißen, die für den guten Zweck spielen möchten. Boaz Yeboah wird die gemeinsam geplante Foundation betreuen und leiten. Da ich selbst oft vor Ort sein werde, kann ich auch persönlich dafür geradestehen, dass die Spenden genau da ankommen, wo sie hinsollen. Und ich werde die Kanäle auch auf meiner Homepage für alle sichtbar machen.«

»Für die Patienten wie ein Sechser im Lotto«

Sein Engagement für leukämiekranke Kinder will der Lüner Musiker in Afrika ebenfalls fortsetzen. Bereits seit 2010 verbindet er jedes einzelne Konzert mit einer Aktion zugunsten des NKR. »Für eine Typisierung ist lediglich ein Wangenschleimhautabstrich mit Wattestäbchen erforderlich«, erklärt er. »Eine Sache von fünf Minuten – aber für die Patienten, die einen passenden Spender finden, ist es wie ein Sechser im Lotto! Übrigens muss sich der Spender keineswegs einer Operation unterziehen. Tatsächlich wird ihm nur etwas Blut abgenommen. Die Stammzellen werden herausgefiltert und den Kindern initiiert. Wenn es wirkt, kann man schon nach wenigen Wochen eine Besserung beobachten. So konnten wir in neun Jahren 63 Kindern auf der ganzen Welt helfen. Das macht mich total glücklich und ist mit keinem Geld zu bezahlen! Deshalb ist es mir ein persönliches Anliegen, aufzuklären und das Thema öffentlich wachzuhalten.«

»Damit sie irgendwann nicht mehr auf Müllhalden herumklettern müssen!«

Auch das Abschiedskonzert im Winter soll daher an eine Typisierungsaktion gekoppelt werden. Tomas Simon: »Jeder von uns ist aus einem bestimmten Grund auf der Welt. Ich glaube an gutes Karma und will mein Talent nutzen, um Schwächere zu unterstützen. Selbst wenn das bedeutet, dass ich dazu auf einen anderen Kontinent ziehen muss. Wir alle hegen unseren Wohlstand auf Kosten von Afrika. Und vor allem die Kinder dort haben ohne Bildung keine Chance. Deshalb will ich richtig was auf die Beine stellen, und zwar so professionell, dass es auch ohne mich weitergehen kann, wenn ich einmal nicht mehr da bin. Ziel ist es, diesen Kids eine ganz neue Perspektive zu geben – damit sie irgendwann hoffentlich nicht mehr auf brennenden Müllhalden herumklettern müssen!«

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