Stadtmagazin Lünen: In der Stadt

Hinter den Kulissen

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»Als Zuschauer sehen Sie nur das Schöne«

Langsam öffnet sich der Vorhang, die Bühne erstrahlt in stimmungsvollem Licht … Es ist leicht, sich von den Bildern, der Atmosphäre im Theater verzaubern zu lassen. »Als Zuschauer sehen Sie nur das Schöne«, erklärt Bogdan Romaniszyn, Technischer Leiter am Heinz-Hilpert-Theater. »Aber es gibt noch eine andere, weniger schöne Seite, bestehend aus Knöpfen, Hebeln, Lastzügen, Scheinwerfern und Lautsprechern, die den Blicken des Publikums verborgen bleiben muss, obwohl sie für das Gelingen der Aufführung unverzichtbar ist.«

Jeder Abend ist eine Premiere

Seit 27 Jahren ist der Bühnenmeister und Beleuchtungsexperte im Haus an der Kurt-Schumacher-Straße für den reibungslosen Ablauf von Veranstaltungen zuständig. Zusammen mit seinem fünfköpfigen Team koordiniert er rund 120 Vorstellungen pro Jahr, die Proben nicht mitgerechnet. »Allerdings besitzt das Heinz-Hilpert ja kein eigenes Ensemble, was bedeutet, dass hier bei uns selten geprobt wird. In der Regel reisen die Künstler und Tourneetheater nur für ihr Gastspiel an. So ist jeder Abend eine Premiere. Allerdings erhalten wir im Vorfeld eine genaue technische Anweisung. Unsere Aufgabe ist es dann, alles für das jeweilige Stück herzurichten.«

Charmante Relikte: mechanische Zugstangen und ›eiserner Vorhang‹

Das beginnt schon mit der Bühnengröße: Je nach Veranstaltungsart müssen die zur Verfügung stehenden 315 Quadratmeter Hauptfläche längst nicht immer ausgereizt werden. »Für die Aufführung einer Oper sind 12 oder gar 18 Meter Tiefe sicher angemessen, aber ein Kabarettist ist mit fünf Metern wahrscheinlich besser bedient«, so Bogdan Romaniszyn. Verkleinert oder vergrößert wird der Bühnenraum nach Bedarf mithilfe mehrerer schwarzer Vorhänge, welche sich – ganz klassisch – durch mechanische, mit Gewichten ausbalancierte Zugstangen rauf- und runterfahren lassen. Ein anderes, durchaus charmantes Relikt aus der Gründerzeit des Lüner Traditionshauses ist der sogenannte ›eiserne Vorhang‹, der das Publikum im Falle eines Brandes schützen soll.

»Früher benutzte man blaue Folie, um blaues Licht zu erzeugen. Heute kann ich mit einer einzigen Lampe jede beliebige Farbe gewinnen.«

»Davon abgesehen haben wir aber auch im Heinz-Hilpert-Theater technisch aufgerüstet«, berichtet der ›Mann hinter den Kulissen‹. »Die Beleuchtungs- und Soundanlagen wurden im Zuge der Digitalisierung immer kompakter und kleiner, dafür aber auch komplizierter. Früher benutzte man blaue Folie, um blaues Licht zu erzeugen. Heute kann ich mit einer einzigen Lampe jede beliebige Farbe gewinnen. Dank drehbarer Wackellampen mit beweglichen Köpfen lässt sich jeder Punkt auf der Bühne per Knopfdruck ansteuern. Und nicht nur das: Neben Licht und Ton setzen wir vermehrt auf filmische Mittel. Es ist kostengünstiger, ein Bild auf eine Leinwand zu projizieren, als für jede neue Szene ein anderes Bühnenbild aufzubauen. Alles kann vorab digital programmiert werden.«

Eine Frage des Timings

Komplett autark funktioniert das System aber aller modernen Computertechnik zum Trotz dennoch nicht. Denn: Theater wird immer noch von Menschen gemacht, sodass leichte zeitliche oder räumliche Variationen niemals auszuschließen sind. Um ihre volle Wirkung zu entfalten, müssen die Licht-, Ton- und Bildeffekte aber im exakten Timing an genau der richtigen Stelle zum Einsatz kommen. »Aus diesem Grund steht bei jedem Stück ein Inspizient am Bühnenrand, welcher die Infos für die Szenenwechsel telefonisch an den Beleuchter in der Kabine weitergibt«, erzählt Bogdan Romaniszyn.

»Der Bereich hinter der Bühne ist wie eine Baustelle«

Unter seiner Leitung hat es in 27 Jahren keine größere technische Panne gegeben. »Und kleinere Abweichungen bemerkt der Zuschauer ohnehin nicht«, verrät er, »dazu sind die Akteure in der Regel viel zu routiniert.« Eine besondere Herausforderung sei hingegen die Arbeit mit Kindergruppen. »Da ist die Aufregung immer groß, man muss auf vieles gleichzeitig achten, denn der Bereich hinter der Bühne ist wie eine Baustelle: Jedes Kabel muss fest an seinem Platz sein, es dürfen keine Gegenstände herumliegen, die im Dunkeln zu Stolperfallen werden könnten.« So wird der Technikchef dann auch schon mal zum Sicherheitsbeauftragten.

»Für mich ist viel faszinierender, was im Hintergrund passiert«

»Aber genau das ist das Spannende an meinem Beruf: Kein Tag ist wie der andere«, betont er. »Und man trifft so viele interessante Menschen. Es fasziniert mich immer wieder, mit welcher Professionalität die Schauspieler und Kabarettisten ihr Programm auf der Bühne umsetzen.« Bei aller Begeisterung für das Theater – in den Zuschauerrängen ist Bogdan Romaniszyn dennoch selten anzutreffen. Dafür fehlt ihm schlicht die Zeit. »Außerdem kann ich dabei schlecht entspannen«, gesteht er mit einem Schmunzeln. »Für mich ist viel faszinierender, was im Hintergrund passiert: Sind die Fluchtwege frei? Welche Beleuchtungssysteme kommen zum Einsatz? Meine Frau wundert sich dann immer: Warum drehst du dauernd den Kopf und guckst zu allen Seiten, nur nicht zur Bühne?«

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