Stadtmagazin Lünen: In der Stadt

Unheimliche Waldbewohner

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Lüner Legenden

Tiere mögen im Zoo imposant oder gar putzig erscheinen – in freier Wildbahn sollte man sich von ihnen lieber fernhalten. So endete die zufällige Begegnung zwischen Mensch und Tier – für die eine oder die andere Seite – oft tödlich. Überlebende konnten sich der Aufmerksamkeit ihrer Familien und Nachbarn gewiss sein. Die Legenden ihrer mehr oder weniger ruhmreichen Taten wurden am Kaminfeuer in den schillerndsten Farben beschrieben und auf dem Marktplatz reihum getragen. Doch eines ist klar: Mit der Geschichte vom Kampf gegen einen normalsterblichen Feldhasen hätte der Bahnwärter wohl eher den Spott seiner Mitmenschen auf sich gezogen.

Der Hase von Kurl

Der Bahnwärter R. ging eines Abends von seinem an der Bahnstrecke Dortmund-Kurl gelegenen Posten nach Kurl, wobei er den Gleisen folgte. Da sprang plötzlich, als ein Zug in entgegengesetzter Richtung an ihm vorbeifuhr, ein mächtiger Hase neben ihm auf. Das Tier lief in der Richtung auf Kurl zu. R. versuchte den Hasen mit einem Stock zu erschlagen. Die Jagd dauerte eine Zeitlang, sie war aber vergebens. Der Hase war inzwischen so groß geworden wie eine Dogge. Ebenso plötzlich wie der vermeintliche Hase aufgetaucht war, verschwand er auch nach rechts in den Wald. Da entstand ein entsetzliches Brausen und Krachen in der Gegend, wohin das Tier gelaufen war, als ob kein Baum auf dem Stamm bliebe. Dem Bahnwärter war die Sache doch etwas unheimlich, und er begab sich, so schnell er konnte, nach Hause. Am nächsten Tag nahm er den Weg zu seinem Posten durch den Wald, der, wie er am Abend geglaubt hatte, vollständig vernichtet sein musste. Zu seiner Verwunderung aber fand er dort gar nichts verändert. Der Hase war also wohl kein sterbliches Tier gewesen. (Beisenherz 1915)


Chiara Calderaro:
›Spuk in der Kurler Kuhweide‹:

Spuk in der Kurler Kuhweide

Wenn die Heide blühte, brachten die Bienenbesitzer ihre Stöcke häufig für einige Wochen in die Ruhrgegend. Sie beförderten die Tiere in einem ›Riäpp‹ (Tragkorb) zur Nachtzeit, denn bei Tage waren die Bienen allzu unruhig. So trugen auch zwei Männer aus Lanstrop, Vater und Sohn, in einer Spätsommernacht einige Bienenkörbe auf dem Rücken in der Gegend von Herdecke an der Ruhr. Hinter der Kurler Mühle traten sie durch ein Heck in den Kurler Kuhkamp und verfolgten den Weg durch die Weide in der Richtung nach Asseln. Da gewahrten sie am Boden einen dicken Klumpen, der sich immer auf und ab bewegte und ein vielstimmiges, unheimliches Geschrei machte. Die beiden Männer gingen näher heran und sahen in dem auf- und abschwebenden Knäuel und Stimmengewirr die verschiedenartigsten Tiere, wie Katzen, Eulen, Kröten, Schlangen u. a. Der Sohn, der sich zur Sicherheit auf der nächtlichen Wanderung mit einer Pistole bewaffnet hatte, wollte auf den Klumpen einen Schuss abgeben. Der Vater jedoch warnte ihn eindringlich, und auf einem Umwege gingen sie weiter. Sie waren aber schon dicht vor Asseln, da hörten sie noch immer das unheimliche Kreischen und Schreien hinter sich in der Kurler Kuhweide. (Beisenherz 1932)

Quelle: Fredy Niklowitz, Wilfried Heß, Dr. Widar Lehnemann: ›Hundert und eine Erzählung. Sagen, Legenden und Geschichten aus dem Raum Lünen.‹
Herausgeber: Stadt Lünen – Stadtarchiv Lünen 2016

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