Stadtmagazin Castrop-Rauxel: In der Stadt

Die Stadtbibliothek – so viel mehr als Bücher!

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Im Gespräch mit Elisabeth Langohr und Jule Engelbart

Wir treffen Elisabeth Langohr tatsächlich an ihrem vorletzten Arbeitstag »nach 44 Jahren und vier Monaten«, wie sie erzählt. Direkt nach ihrem Studium trat die Diplombibliothekarin bei der Stadtbibliothek ihre erste Stelle an – und blieb ein ganzes Berufsleben lang. Medienpädagogin Jule Engelbart dagegen ist noch sehr weit entfernt vom wohlverdienten Ruhestand und bleibt der Bibliothek auch in Zukunft erhalten. Mit den beiden reden wir über Bücher und andere Medien, Aufenthaltsqualität und Online-Angebote, Führungen für Migrant*innen und Schulklassen, Live-Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene, aber auch über digitale Geräte – und sogar Saatgut.

Medien, Treffpunkt und Online-Angebote

Obwohl man den Begriff Bibliothek dem Wortsinne nach mit Büchern verbindet, geht es hier also um viel, viel mehr. Das fängt schon bei der ›klassischen‹ Ausleihe an: »Andere Medien wie beispielsweise Hörbücher und DVDs spielen heute auch eine große Rolle«, weiß Elisabeth Langohr. Auch dient die Räumlichkeit nicht nur dazu, das Sortiment an Büchern, Zeitschriften usw. bereitzustellen und zu präsentieren, vielmehr hat die Bibliothek den Anspruch, ein attraktiver Aufenthaltsort und Treffpunkt sein. »Schüler treffen sich zum Beispiel hier oder arbeiten allein und können dabei ebenso wie Studierende kostenfrei unser WLAN nutzen«, berichtet Jule Engelbart. Aber, apropos Internet: Natürlich kann man umgekehrt heutzutage auch von zu Hause oder unterwegs aus auf zahlreiche Angebote der Stadtbibliothek zugreifen. Die ›Onleihe‹ bietet durch den Verbund der Bibliotheken im Kreis Recklinghausen rund 30.000 digitale Medien wie z. B. e-Books. Auch die Brockhaus-Enzyklopädien (inklusive Brockhaus-Schülertraining-Angeboten) können von Inhaber*innen eines Bibliotheksausweises kostenlos genutzt werden. Seit Ende 2023 besteht zudem eine Kooperation mit der Streamingplattform ›filmfriend‹. Eine Auswahl von derzeit fast 4.000 Filmen steht hier zur Verfügung und kann über PCs, Smart TVs oder mobile Geräte gestreamt werden. Und für Kinder gibt es zwei verschiedene Angebote zur digitalen Leseförderung: »Bei ›eKids‹ geht es um Unterstützung bei Lerninhalten der Grundschule, die ›tigerbooks‹-App dagegen bringt beliebte Kinderbücher auf Smartphones und Tablets«, erklärt Jule Engelbart.

Veranstaltungen für Klein ...

Der Nachwuchs steht natürlich traditionell besonders im Fokus der Bibliotheksarbeit, auch vor Ort, in Form von Kindergarten- oder Grundschulklassenführungen und verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen, die alle Eltern aufhorchen lassen sollten: »Regelmäßig kommt eine Vorlesepatin, monatlich finden Kindertheater-Gastspiele statt, und in Zukunft möchten wir auch vermehrt selbst als Aktive mitwirken, zum Beispiel in Form von Kami­shibai-Veranstaltungen«, erzählt Jule Engelbart. Dabei handelt es sich um ein traditionelles japanisches Erzähltheater, bei dem neben der Sprache ein Bilderschaukasten zum Einsatz kommt. Bei allen Events für Kids dabei ist der Lesefuchs. »Das beste, was wir je gekauft haben«, sagt Elisabeth Langohr schmunzelnd. Das Stofftier dient als Identifikationsfigur mit Wiedererkennungswert und kommt bestens an. »Die Kinder lieben ihn und fragen zum Beispiel, ob denn der Lesefuchs eigentlich selber auch lesen kann«, weiß Jule Engelbart freudig zu berichten.

… und Groß

Doch auch für Erwachsene wird die Stadtbibliothek immer wieder liebevoll zum Kultur-Veranstaltungsort für Lesungen und Theateraufführungen hergerichtet, wobei nicht nur das dann geschaffene gemütliche Ambiente zur passenden Atmosphäre beiträgt, sondern auch das ›Drumherum‹ etwa in Form von Knabbereien. »Wie in einem französischen Café« fühlten sich die Gäste beispielsweise, als sie jüngst in Form von kleinen Spielszenen mit ­musikalischer Untermalung in ›das wilde Leben‹ des mittelalterlichen Dichters Francois Villon eintauchen konnten.

Unterstützung für Neuankömmlinge

Ein weiterer Baustein ist die Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund, und das gilt ebenfalls für Groß und Klein – und verbindet Integration mit Willkommenskultur: An der Volkshochschule die deutsche Sprache zu lernen ist das eine, doch neben entsprechendem Lehrmaterial ergänzend auch Zugriff auf Medien in der Muttersprache zu haben das andere. Und so reagiert die Stadtbibliothek auf die jeweiligen neuen An- und Herausforderungen, 2015 in arabischer Sprache und vor etwa zwei Jahren in ukrainischer, als zum Beispiel ›Lesekoffer‹ gepackt und für ukrainische Kinder bereitgestellt wurden.

Blick zurück ...

Aufgrund ihrer beruflichen Biografie weiß Elisabeth Langohr natürlich eine Menge zu berichten, was die Entwicklung der Castroper Bibliothek bzw. Bibliotheken angeht: »Als ich anfing, befand sich die Hauptbibliothek im alten Rathaus. Zudem gab es mehrere Stadtteil-Zweigstellen, die leider aufgrund von Einsparungsmaßnahmen im Laufe der Zeit geschlossen wurden, zuletzt 1996 in Ickern. Ende desselben Jahres zog die Hauptstelle an ihren heutigen Standort. Damals wurde alles sozusagen noch von Hand gemacht, bis 2002 die EDV-Verbuchung eingeführt wurde. Eine weitere grundlegende Veränderung besteht in neuen Medien, die im Laufe der Zeit hinzukamen wie etwa DVDs.« Wie schnell sich die mediale Welt wandelt, ist übrigens kurioserweise daran zu sehen, dass im heutigen Streaming-Zeitalter manche Kinder beim Anblick der damals neuen Video-Discs nur ratlos schauen, wie Elisabeth Langohr und Jule Engelbart erzählen.

… und nach vorn

Und was wünschen sich die scheidende und die bleibende Mitarbeiterin für die Zukunft? »Eine vernünftige finanzielle Ausstattung der Bibliothek«, nennt die engagierte Elisabeth Langohr als erstes, »für einen attraktiven Bestand, guten Service und erweiterte Öffnungszeiten.« Dass die Bibliothek aufgrund der wenig komfortablen Personalsituation derzeit montags geschlossen bleiben muss, bedauern die beiden nämlich und weisen darauf hin, dass dadurch tatsächlich die Ausleihzahlen gesunken seien – während manche Büchereien in anderen Städten sogar sonntags besucht werden können. Wobei andernorts auch bereits eingeführt wurde, was in Castrop-Rauxel noch Zukunftsmusik ist: Die Möglichkeit zur Selbstverbuchung, also Selbstausleihe, ist nicht nur ein kundenfreundlicher Service, sondern entlastet natürlich auch das Personal enorm. Ein weiteres, konkretes Vorhaben hat so gar nichts mit neuen Medien und Techniken zu tun: »Wir planen, bald auch wieder ganz klassische Gesellschaftsspiele anzubieten«, berichtet Medienpädagogin Jule Engelbart.

Nachhaltige und vielfältige Zukunftspläne

Teilweise hat die Zukunft in Castrop-Rauxel auch schon begonnen: Der Aufbau einer Saatgut-Bibliothek trägt sozusagen bereits Früchte. Die aus den USA stammende Idee dient dazu, regionale Sorten zu erhalten und so die genetische Vielfalt zu fördern – Hobbygärtner*innen können trockenes, samenfestes Saatgut sowohl mitnehmen, um es im eigenen Garten auszusäen, als auch spenden. Auch die ›Bibliothek der Dinge‹ zeigt, dass hier nicht nur Bücher im Mittelpunkt stehen – und es insgesamt letztlich um »Nachhaltigkeit durch Sharing« geht, wie es Elisabeth Langohr darlegt. In Zukunft kann es sich dabei um Alltagsgegenstände – etwa Werkzeuge – handeln, die man nicht ständig benötigt und bei Bedarf ausleihen kann. Schon existent ist die ›Bibliothek der digitalen Dinge‹. Dieses Angebot ist Teil des Projekts ›DigiQuartier‹ der Kreisverwaltung Recklinghausen, das älteren und pflegebedürftigen, aber auch pflegenden und jüngeren Menschen die Möglichkeiten der Digitalisierung aufzeigen möchte. Ob Seniorenhandy oder Vorlesestift, smarter Spazierstock oder Tonie-Box: Zahlreiche Gegenstände können für jeweils zwei Wochen ausgeliehen werden. »So können die Nutzer*innen die Dinge ausprobieren, um zu entscheiden, ob sich eine eigene Anschaffung lohnt«, erläutert Jule Engelbart die Idee.

Fazit: Die Stadtbibliothek entwickelt sich gemäß dem Wandel der Zeit stetig weiter – und bleibt dabei immer eine wertvolle und wichtige Bereicherung für das Gemeinwesen und damit ein guter Tipp für alle Bürgerinnen und Bürger, die sie noch nicht für sich entdeckt haben.

Stadtbibliothek Castrop-Rauxel  

Im Ort 2 · 44575 Castrop-Rauxel

Öffnungszeiten:

dienstags und donnerstags 10–18 Uhr
freitags 13.30–18 Uhr
samstags 10–13 Uhr

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