Stadtmagazin Castrop-Rauxel: In der Stadt

Gespensterjagd auf Schloss Bladenhorst

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»Hier geistert alles Mögliche herum!«

Das Wasser der Gräfte flirrt in der Mittagssonne. Am Ufer watschelt eine Gänsefamilie vorbei. Dahinter ragt das Schloss Bladenhorst in den strahlend blauen Junihimmel empor. Ein Bild wie aus einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung. Doch was sich in mondhellen Nächten hinter den alten Burgmauern abspielt, mutet eher wie eine Gruselgeschichte aus der Feder von Edgar Allan Poe oder Agatha Christie an: Eine gespenstische Erscheinung soll durch die Zimmer des Südflügels spuken. Das Gerücht rief Geisterjäger und investigative Journalisten aus ganz Deutschland auf den Plan. Sogar der WDR drehte einen Beitrag über ›die weiße Frau von Bladenhorst‹. Bei so viel geballter Aufmerksamkeit stellt sich natürlich die Frage: Steckt vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit in der Schauermär? Wir vom Stadtmagazin sind vor Ort, um dem Phänomen – ›ganz wissenschaftlich‹ – auf den Zahn zu fühlen.

»Wenn Sie das Gespenst finden, machen Sie es dingfest!«

Dazu sprechen wir mit dem Besitzer des mittelalterlichen Anwesens. »Als vor zehn Jahren die Experten aus Ostfriesland mit ihren Wärmebildkameras und Aufnahmegeräten anrückten, sagte ich ihnen: Mir ist das Gespenst bisher noch nicht über den Weg gelaufen, aber wenn Sie es finden, machen Sie es dingfest!«, berichtet Schlossherr Bodo Möhrke mit einem feinen Schmunzeln, das sich nicht genau einordnen lässt – glaubt er wirklich an Geister? »Ich bin ein bodenständiger Mensch und halte mich in Bezug auf Übersinnliches lieber bedeckt. Aber ich kann auch nichts ausschließen. Es gibt Dinge, die sich rational nicht erklären lassen. Und das Gebäude ist 800 Jahre alt. Hier geistert alles Mögliche herum!«

Kriege und Krankheit haben ihre Spuren hinterlassen

Als Sitz der Ritter von Blarnhurst wurde das Wasserschloss erstmals im Jahre 1266 urkundlich erwähnt. Um hineinzugelangen, musste man zwölf Tore durchqueren. »Die Burg gehörte damals zur Grafschaft Mark, deren Gebiet bis zur Emscher reichte«, sagt Bodo Möhrke, der sich beim Rundgang immer mehr als wandelndes Lexikon entpuppt. »Jenseits der Emscher begann das Vest Recklinghausen, das vom Erzbischof von Köln regiert wurde, mit dem es viel Ärger gab.« Die Gefechte von einst haben ihre Spuren hinterlassen. Legenden berichten von Mord und Selbstmord, Intrigen und Wilderei. Pest und 30-jähriger Krieg forderten ihre Opfer ein. Bis heute erzählt man sich von einem alten Rentmeister, der vor 200 Jahren von einer Kugel getroffen wurde und sein Dasein als siechender Mann fristete. Im Zweiten Weltkrieg kamen die Amerikaner – ihre Schüsse zeichnen sich noch im Sandstein der Fassade ab.

Die weiße Frau im Türmchen

Eine eigentümliche Aura liegt über dem Ort. So braucht es nicht viel Vorstellungskraft, um die Geister der Vergangenheit wiederauferstehen zu lassen … Aber natürlich ist das noch kein Beweis für die Existenz der weißen Frau. »Da vorne im ersten Stock des Türmchens wurde sie gesichtet«, verkündet Bodo Möhrke, als ginge es um eine Sehenswürdigkeit bei einem Städtetrip. Wie weit besagte Sichtungen zurückreichen, ist nicht bekannt. Es existiert keine Niederschrift der mündlich überlieferten Geschichte. »Eine ältere Dame, die im Nachthemd durch die Flure wandert, kann es in jeder Epoche gegeben haben«, glaubt der Hausherr. »Auf jemanden, der draußen stand, könnte so etwas durchaus gespenstisch gewirkt haben.« Doch wie erklärt es sich dann, dass die Erscheinung auch von neuzeitlichen Burgbesuchern wahrgenommen wurde? Was hat die Recherche der paranormalen Experten ergeben? »Bei der Untersuchung vor ein paar Jahren wurden Temperaturstürze und unerklärliche Laute im Ultraschallbereich registriert«, verrät Bodo Möhrke. Er gibt jedoch auch zu bedenken: »In einem jahrhundertealten Schloss herrscht eine besondere Geräuschkulisse: Es knackt im Backstein und im Holz des Dachstuhls. Der Wassergraben sorgt für Temperaturschwankungen. Bäume und Büsche rauschen im Wind. Dazu kommen die Tiere wie Gänse und Enten, Nutria, Mäuse und Marder, die hier auf dem Gelände hausen.«

Reporter erlebte einen Riesenschreck

Ob es nun Mäuse, Menschen oder Monster sind, die auf Bladenhorst ihr Unwesen treiben – ein kleiner Schauer läuft einem schon über den Rücken, wenn man in die Erzählung eintaucht. Sind die heutigen Bewohner kein bisschen beunruhigt? Wie ist das, wenn nachts der Wind an den Fenstern rüttelt? »Ich schlafe wunderbar, aber ein Berliner Reporter hat vor einiger Zeit einen Heidenschreck bekommen«, berichtet Bodo Möhrke. »Er schwor, eine weiß gekleidete Gestalt im dunklen Fenster des Turmzimmers erspäht zu haben. Ich habe ihn darüber aufgeklärt, dass die Wohnung vermietet ist – an eine ältere Frau. Später fiel uns jedoch auf, dass die Mieterin gar nicht anwesend sein konnte – sie war über das Wochenende zu ihren Kindern gefahren.« Auch der Mitarbeiter des WDR will etwas gesehen haben – dummerweise war die Kamera gerade ausgeschaltet.

»Hinter dem, was wir mit Augen und Ohren wahrnehmen, tut sich allerhand«

Handelt es sich bei der weißen Frau tatsächlich um ein Phantom aus dem Schattenreich? Oder bräuchte es anstelle von Geisterjägern eher eine gewitzte Miss Marple, um Licht ins Dunkel zu bringen? »Ich weiß es nicht«, so Bodo Möhrke. »Aber ich bin mir sicher, dass wir Menschen über so etwas wie einen siebten Sinn verfügen. Unsere Psyche ist nur zum Teil erforscht. Hinter dem, was wir mit Augen und Ohren wahrnehmen, tut sich allerhand.« Während er das sagt, schweift sein Blick abermals zum Turmzimmer des Südflügels. Die Sonne spiegelt sich im Glas der Fensterscheibe. Kurz erweckt es den Eindruck, dass eine schemenhafte Silhouette den Raum durchquert. Aber das ist sicher nur die alte Dame, die dort oben residiert. »Falls Sie heute etwas sehen, muss es die weiße Frau sein«, bemerkt der Schlossherr mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Unsere Mieterin ist mal wieder im Urlaub.«

Kultur im Schloss Bladenhorst

17.07.21 · Tatort Klappstuhl-Theater · ›Musical Live‹
07.08.21 · Tatort Klappstuhl-Theater · ›Spaß im ­Garten‹
28.08.21 · Tatort Klappstuhl-Theater · ›Vorhang auf für Mord‹
02.-05.09.21 · Weinfest
12.09.21 · Tag des offenen Denkmals
13.11.21 · ›Geister‹ · Live-Hörspiel mit Musik
Weitere Infos: www.schlossbladenhorst.de

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