Bowhunting: »Fast wie Golf. Nur anders.«
Bowhunter-Castrop e. V.
»Ein katholischer Friedhof. Nein, hier ist es nicht. Thematisch vielleicht schon passend, geografisch aber nicht richtig. Ein stahlverarbeitendes Unternehmen. Ja, nah dran. Jetzt noch hier entlang und dort ins Wäldchen … Sieht ein bisschen aus wie ein Golfplatz, aber … Aha!« So oder ähnlich mögen die Gedanken Interessierter aussehen, die sich erstmals auf die Suche nach dem Trainingsgelände der Bowhunter-Castrop e. V. an der Wittener Straße 260 in Castrop-Rauxel machen. Dass jene, von tiefschwarzem Humor geprägte Parallele zum nahegelegenen Friedhof auch aus sachlicher Sicht unpassend ist, wird sich noch erschließen. Für einen kleinen Spaß ist sie jedoch allemal gut, während man nach der etwas versteckten Sportanlage Ausschau hält.
Hier sind Profis am Werk
»Dieser Witz fällt in etwa jedem zweiten Besucher ein«, begrüßt Markus Kölling, erster Vorsitzender des Vereins dann jenen Teil Neugieriger mit einem heiteren Lächeln: »Etwas abgelegen ist aber auch eine gute Eigenschaft. Es muss schließlich alles sicher sein!« Ja, sicher muss es in der Tat sein, denn beim Bowhunting geht es um das zielgenaue Schießen mit Pfeil und Bogen. Spätestens beim ersten ›Plopp‹ und ›Zischhhhh‹ wird dann auch jedem Neuankömmling klar, dass dies nicht nur ein leiser, sondern auch wahnsinnig energiegeladener Sport ist, bei dem die Pfeile bis auf Distanzen um die 100 Meter zentimetergenau und mit unglaublicher Geschwindigkeit ihr Ziel finden. Das hier hat definitiv nichts mit dem gemein, was man vielleicht noch aus der eigenen Kindheit oder aus dem Cluburlaub kennt. Hier sind Profis am Werk, und plötzlich wird klar, wie in der frühen Menschheitsgeschichte mit diesen Werkzeugen Nahrung beschafft oder Konflikte ausgetragen werden konnten.
Reiner Sport
»Da sind wir aber alle froh, dass das heute kein Thema mehr ist«, klärt Christian Brumann, Kassenwart des Vereins, auf. »Was wir tun, ist rein sportlich und hat weitaus mehr mit Technik, Konzentration und stetigem Training zu tun. Auch wenn das englische Wort ›Hunting‹ für Jagen steht, wird in unserem Sport außer einer Trophäe in Form von Pokalen oder Medaillen rein gar nichts gejagt. Das ist ein weit verbreitetes Missverständnis, das seine Wurzel wohl in der Tatsache findet, dass wir auf Kunststoff-Figuren schießen. Dabei liegt der Grund für diese Art von Ziel eher darin, dass diese sich aufgrund von Größe, Form und Tarnung in die Landschaft einfügen und dadurch den Schwierigkeitsgrad erhöhen. Auf eine immer gleiche Scheibe zu zielen, ist schlicht zu einfach. Im Übrigen ist die Jagd mit dem Bogen in Deutschland ohnehin ausnahmslos verboten. Unter uns sind also auch keine Jäger, die für diesen Zweck trainieren würden. All diese Dinge werden vermutlich gern von Menschen in die Welt gesetzt, die sich den Sport zwar nie angesehen haben, aber dennoch mitreden möchten. Warum auch immer. Daher ist der beliebte Friedhofs-Witz an manchen Tagen auch nur halb so lustig. Man tut dem Sport hier einfach ein bisschen Unrecht.«
Herausfordernde Aufgabenstellung
Trophäen jagen, ja das können sie: Deutsche Meister, Europameister, ja sogar Weltmeistertitel hat der Verein bereits hervorgebracht. Durch stetiges Training, das im Winter in der Sporthalle und im Sommer auf dem Vereinsgelände auf dem Schießstand oder aber dem eigenen 3D-Parcours stattfindet. Seinen Namen hat dieser Parcours, auf dem auch Turniere ausgetragen werden, von seiner Variabilität: So werden die beweglichen Ziele immer wieder ausgetauscht und in unterschiedlichen Entfernungen zur Schussposition aufgestellt, wie Markus Kölling erläutert: »Die Herausforderung für den Schützen besteht darin, sich stets neu auf die Ziele einstellen und genaue Entfernungen und Schusswinkel abschätzen und sich in allen drei Dimensionen zurechtfinden zu müssen. Das Ziel dann auch noch möglichst optimal in entsprechend markierten Zonen zu treffen, um möglichst viele Punkte zu erreichen. Das macht für uns den Reiz aus.«
Tieren wird kein Haar gekrümmt
»Achtung! Otto!«, schallt es in diesem Moment vom Schießstand, und der Betrieb ist kurzweilig eingestellt. Wer die Bühne betritt, ist aber nicht etwa der Platzwart. Nein, Otto ist der ortsansässige Fasanen-Hahn, der sein Revier zwischen diversen Pappkameraden hin und wieder inspiziert und von Schützinnen und Schützen gleichsam begrüßt und wohlwollend beobachtet wird. Damit ist er wohl eher Platzwart im Ehrenamt: »Hin und wieder kommen auch Hasen und Füchse vorbei«, berichtet Christian Brumann, »da freuen wir uns, denn die scheinen zu wissen, dass ihnen hier kein Haar gekrümmt wird.«
Sicherheit ist kein Zufall
Sicherheit wird nicht nur mit Rücksicht auf die Tiere großgeschrieben. Vielmehr geht es auch um jene der Menschen auf dem Gelände, weshalb jeder Neuankömmling zunächst von den erfahrenen Vereinsmitgliedern eingewiesen und begleitet wird, bis alle Sicherheitsregeln wie automatisch eingehalten werden. »Den Verein gibt es jetzt seit gut 15 Jahren, und seither gab es zum Glück keinen einzigen Schießunfall. Lediglich den einen oder anderen verstauchten Knöchel haben wir im Gelände versorgen müssen. Ich denke, dass wir da einiges richtig gemacht haben«, berichtet ein sichtlich erleichtert wirkender Markus Kölling, »und auch deshalb freuen wir uns über alle Interessierte, ob jung oder alt. Vom Kind bis zum Greis, bei uns kann jeder mitmachen. Einfach über die Webseite bei uns anmelden, und man kann an einem Schnupperkurs teilnehmen, für den man sich das Material sehr günstig leihen kann! Wir freuen uns auch über jeden Sponsor, der uns unterstützen mag.«
Geselliges Miteinander
Ja, man hat hier gemeinsam Spaß am Sport. Man begleitet sich in Gruppen über den Parcours, pflegt die Anlage, besucht die Parcours anderer Vereine und nimmt an Turnieren teil. Man ist gesellig miteinander und schießt zu Halloween auch gern mal auf Papp-Dinosaurier oder Zombies. Es ist eben ein bisschen, wie im Golfclub. Nur anders. Vielleicht etwas ungefährlicher, was sich allerdings nicht auf Zombies und Dinosaurier auf dem Gelände bezieht, denn diese mag es beim Golf möglicherweise auch geben. Das wiederum wäre nun aber wieder eine solch unpassende und von tiefschwarzem Humor geprägte Parallele, wie jene des Friedhofs am Anfang unseres Besuchs beim Bowhunter-Castrop e. V.!
Bowhunter-Castrop e. V.
Wittener Straße 240 · 44575 Castrop-Rauxel · www.bowhunter-castrop.de