Stadtmagazin Castrop-Rauxel: Dies und Das

Von der Bühne auf den Bildschirm

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WLT zeigt ›die unendliche Geschichte‹ als digitales Theatererlebnis

Auch wenn die Schauspieler derzeit nicht auf der Bühne stehen dürfen, muss in Castrop-Rauxel niemand auf gut gemachtes Theater verzichten. Dazu hat das WLT sein digitales Angebot ausgeweitet und stellt über die Plattform vimeo.com ausgewählte Inszenierungen als ›Video on demand‹ bereit. Aktuell können sich Interessierte unter anderem eine Aufzeichnung der neuesten Kinder- und Jugendtheaterproduktion ›Die unendliche Geschichte‹ anschauen. Mehr zum Stück erzählt Regisseurin Karin Eppler im Interview mit dem Westfälischen Landestheater.

WLT: Karin, du hast erzählt, dass ›Die unendliche Geschichte‹ in deiner Kindheit unter dem Weihnachtsbaum lag und dich bis heute begleitet hat. Was hat dich so daran fasziniert?

Karin Eppler: Das Buch war damals etwas total Neues. Es hatte nicht nur einen besonderen Inhalt, sondern auch eine spezielle Form. Alles, was in der Realität passierte, war rot gedruckt, und alles, was in der Fantasiewelt geschah, in grünen Buchstaben. Zudem hatte Michael Ende ein Mitfieber-Buch geschrieben. Er selbst sagte mal, dass für ihn Geschichten nur wertvoll seien, wenn die Leser*innen selbst etwas hinzufügen, ihre eigenen Emotionen miteinfließen lassen können. Er liefert uns sozusagen eine Plattform, die wir nutzen können, um unsere eigenen Fantasien auszuleben.

WLT: Die Hauptfigur Bastian ist ein absoluter Außenseiter.

Karin Eppler: Bastian ist eine liebenswerte Tiefstatusfigur. Wir haben es mit einem bebrillten Jungen zu tun, der in der Schule nicht sonderlich gemocht, ja sogar gemobbt wird. Trotzdem haben wir absolute Sympathie für ihn und dürfen mit ihm auf diese Reise gehen. Jede Hauptfigur braucht irgendetwas, das sie dem Publikum ein bisschen näherbringt. Ich glaube, dieses Nicht-Perfektsein ist der Punkt, mit dem jeder sich ein kleines Stückchen identifizieren kann. Es macht uns als Zuschauer*in mehr Freude, wenn jemand, von dem wir es überhaupt nicht geglaubt haben, eine mutige Entscheidung trifft.

WLT: Worauf liegt der Fokus deiner Bühnenfassung?

Karin Eppler: Wir haben sehr früh gesagt, dass wir ungefähr die erste Hälfte des Buches zeigen möchten. Dann ist die Geschichte inhaltlich abgeschlossen. Das heißt, Bastian wird in das Buch und seine Fantasiewelt quasi hineingezogen. Fantasie ist bei Michael Ende aber nicht nur immer das Gute, Schöne und Nette, sondern bedeutet auch unangenehme Visionen, Albträume, schlechte Gedanken. Es ist immer das, was man daraus macht! Dieser Aspekt war mir bei der Bearbeitung sehr wichtig. Ebenso, dass Bastian nicht nur mit einem dicken Buch auf dem Dachboden sitzt, sondern dass er die Fantasiewelt wirklich erlebt, fast körperlich eintaucht. Mein Leitgedanke war – sowohl bei der Bühnenfassung als auch bei der Umsetzung – ›Imagination statt Illustration‹. Wir haben daran gearbeitet, dass wir kein Abziehbildchen des Films liefern, sondern dass wir kleine Versatzstücke zeigen, die erst durch die Fantasie der Zuschauer*innen komplett und bunt werden. Das heißt, wir geben dem Publikum genügend an die Hand, damit es das Gesehene selbst füllen kann. Genauso wie Michael Ende sich vorgestellt hat, wie Fantasie funktioniert.

WLT: Kann das erwachsene Publikum, das die Geschichte vielleicht noch aus seiner Kindheit kennt, Neues in deiner Inszenierung entdecken?

Karin Eppler: Aber klar! So wie ich mich erinnere, wurde in den 80er-Jahren – durch die populäre Verfilmung – ein bestimmtes Bild geprägt. Da war ganz viel groß aufgefahrenes Spektakel. Michael Ende war nicht glücklich mit der Umsetzung des Stoffes, denn der Film bediente nicht das, was ihm so wichtig war: Dass Fantasie ein zweischneidiges Schwert ist. Ich denke, dass die Zuschauer*innen, die das Buch gut kennen, voll auf ihre Kosten kommen und dabei Neues entdecken werden. Und alle, die nur den Film kennen, sind eingeladen, noch einmal neu zu gucken.

Alle Online-Angebote finden sich unter https://westfaelisches-landestheater.de/digitales-wlt/

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