Stadtmagazin Castrop-Rauxel: Kunst und Kultur

Von Castrop bis Kalifornien

Foto(s) zum Vergrößern anklicken

Quellenangabe in den Vergrößerungen

Im Gespräch mit einem Berufsschlagzeuger

Was haben Grusel- und Action-Hörspiele von Schleich oder DreamLand mit den Synth-Pop-Rhythmen der bekannten Band T.O.Y. oder dem Amy Winehouse Tribute-Projekt ›Back to Black‹ gemeinsam? Marc Nathaniel am Schlagzeug! Wir sprachen mit dem sympathischen Castrop-Rauxeler über seine ersten musikalischen Gehversuche im Kindergartenalter, internationale Bühnen und neue Studio-Projekte.

Proben bei Opa: »Da hat die ganze Straße mitgehört«

»Musik war immer mein Hobby, das begann schon mit vier am Klavier«, erzählt er. »In meiner Familie väterlicherseits waren alle irgendwie musikalisch. Mein Vater war in den 60er-Jahren aus Sri Lanka zum Studium nach London gezogen und hatte dort angefangen, klassische Platten zu sammeln. Er besaß hunderte, und irgendeine davon lief bei uns zu Hause immer. Wenn er sang, klang er wie Pavarotti. Diese Leidenschaft hat wohl auf mich abgefärbt.« Im Teenageralter wechselte Marc Nathaniel zur Gitarre, wenig später zum Schlagzeug.  »Da war das Entsetzen groß«, verrät er mit einem Augenzwinkern, »nicht nur bei meinen Eltern. Mein erstes Drum-Set stand bei meinem Opa unter dem Dach. Da hat die ganze Straße mitgehört. Irgendwann meinte mein Opa, der mich immer unterstützt hat: ›Das ist ja alles schön und gut, aber lass uns die Trommeln doch mal in den Keller stellen.‹«

Mit T.O.Y. um die Welt

Heute gibt der studierte Musiker seine Erfahrungen an den Nachwuchs weiter: Als freischaffender Dozent unterrichtet er an verschiedenen Schulen und im eigenen Raum in Recklinghausen-Süd. Seit 2014 gehört er außerdem zur Stammbesetzung des Synth-Pop-Trios T.O.Y.: Das Ensemble des Wittener Sängers und Songwriters Volker Lutz eroberte bereits in den 90-ern die internationalen Bühnen von Moskau bis Madrid und Mexiko, damals noch unter dem Namen ›Evils Toy‹. Dritter im Bunde ist der Keyboarder Helge Wiegand. Das aktuelle Album ›Pain is Love‹ greift den Electro-Sound von 80er-Jahre-Bands wie Pet Shop Boys, Erasure oder auch Depeche Mode wieder auf. »T.O.Y. ist meine einzige feste Band, und ich bin sehr zufrieden, hier mit zwei absoluten Profis zusammenzuarbeiten«, sagt Marc Nathaniel. »Daneben springe ich immer mal wieder bei Touren befreundeter Bands ein. Das macht echt Spaß und ist extrem vielseitig – von superhartem Rock bis hin zum Amy Winehouse Tribute Projekt, wo man sich so kleiden und genauso klingen muss wie bei Amy. Ich bin offen für alles – außer Schlager und Karnevalsmusik. Da muss ich dann doch mal ablehnen.«

›Die drei ???‹-Tracks eins zu eins nachgespielt

Ein weiteres Standbein des Castrop-Rauxelers ergab sich durch sein Faible für Hörspiele. Er erinnert sich noch gut an seine Jugendzeit in den Achtzigern. »Damals wurden die Soundtracks für fast alle Europa-Hörspiele wie ›Die drei ???‹, ›TKKG‹ oder ›Fünf Freunde‹ von einem Komponisten, Carsten Bohn, entworfen. Anfang 2000 begann dieser, die originalen Tracks für die Fans neu aufzunehmen. Ich habe mir Note für Note heraus transkribiert, die Songs eins zu eins nachgespielt – inklusive der kleinen Fehler – und ihm Videos davon geschickt. Kurz darauf erreichte mich Carstens Antwort: »Wir müssen unbedingt was zusammen machen!« So kam es, dass ich die ›Brandnew Oldies 5‹ eingespielt habe, die noch auf Veröffentlichung wartet. Das war der Türöffner für das, was ich jetzt mache.«

Alter Vintage Sound für neue Hörspiele

Aktuell arbeitet Marc Nathaniel mit dem Hamburger Komponisten Tom Steinbrecher an renommierten Hörspielproduktionen. Kürzlich erschien die neue Contendo-Serie ›Die 3 Senioren‹, eine Hommage an die berühmten 80er-Jahre-Jugendhörspiele mit bekannten Sprechern wie Lutz Mackensy oder Eckart Dux. Und im Oktober kommt die beliebte Gruselserie von DreamLand mit neuem Soundtrack in die Regale. »Das ist natürlich was ganz anderes, als live auf der Bühne zu stehen. Bei Konzerten will man die Menschen zum Tanzen animieren. Bei Hörspielen dient die Musik dazu, die Handlung zu untermalen und die jeweilige Stimmung zu verstärken, ohne den Hörer von der Story abzulenken. Trotzdem genieße ich relativ viele künstlerische Freiheiten. Meist erhalte ich nur grobe Vorgaben in Richtung ›spannend‹, ›lustig‹ oder ›actionreich‹. Dann heißt es: ›Tob dich mal aus!‹ Mein altes Sonor-Schlagzeug aus den 70-ern, das ich von Reamonn-Schlagzeuger Mike Gommeringer übernommen und liebevoll aufgewertet habe, liefert dazu den perfekten Vintage Sound.«

Meet & Greet mit Dennis Chambers und Co.

Wenn Marc Nathaniel nicht gerade unterrichtet, aufnimmt oder live den Takt vorgibt, kann man ihn einmal jährlich auf der weltgrößten Musikmesse ›NAMM Show‹ in Kalifornien antreffen. Als Endorser für den kanadischen Drumsticks-Hersteller ›Los Cabos‹ und neuerdings auch für die finnische Beckenfirma ›Sihi‹ gehört er hier zu den geladenen Gästen. »Das ist immer eine tolle Gelegenheit, um Kontakte zu knüpfen und Vorbilder zu treffen wie Eric Moore oder Dennis Chambers, der unter anderem bei Santana gespielt hat. Nebenbei kann ich mich bei meiner Verwandtschaft in Los Angeles einnisten und ein bisschen Urlaub machen. Ein weiteres Vorbild und Freund ist Studiodrummer-Legende Harold Fisher, der für Freddy Mercury, Jerry Goldsmith, Henry Mancini und viele große Orchester und Komponisten gearbeitet hat. Ihn treffe ich regelmäßig in London.« In diesem Jahr müssen solche Reisen pandemiebedingt ausfallen. »Zum Glück habe ich als Studiomusiker und Musiklehrer trotz Corona genug zu tun. Aber der direkte Austausch und das Live-Feeling auf der Bühne sind einfach durch nichts zu ersetzen. Das vermisse ich genauso wie meine Kollegen bei T.O.Y. Die Jungs schreiben mir jede Woche. Wir können es kaum erwarten, dass es bald wieder losgeht!«

Facebook Logo  diese Seite auf Facebook teilen0