50 Jahre Herner EV
Gänsehaut und Teamgeist bei einem rasanten Sport
Das Licht geht aus, es wird ganz dunkel in der Eishalle. Die gesamte Hannibal-Arena hält den Atem an, während aus den Lautsprechern das Steigerlied erklingt und das Begrüßungsvideo über die große Leinwand flackert. Kurz darauf laufen die Athleten der ersten Mannschaft ein, und Applaus brandet auf. 3.700 Zuschauer jubeln oder schwenken ihre grünen, weißen und roten Fahnen – die Farben der Herner EV.
Hier treffen sich die Fans am Bierstand
»Das ist jedes Mal aufs Neue eine absolute Gänsehautstimmung«, berichtet Björn Muthmann, der im Club ehrenamtlich für das Marketing zuständig ist. »Beim Eishockey herrscht eine ähnliche Fankultur wie beim Fußball. Allerdings geht es bei unseren Spielen etwas fairer und familientauglicher zu: Man muss die unterschiedlichen Fangruppen meistens nicht trennen. In der Regel benutzen alle dieselben Eingänge und Bierstände. Vom kleinen Dötz bis zu den Großeltern ist hier in den Rängen jeder gut aufgehoben.« Er selbst war gerade einmal sechs Jahre alt, als sein Vater ihn erstmals mit zu einem Spiel nahm. »Heute ist mein Papa 70, und wir gehen immer noch zusammen. Auch meine Frau und meine Mutter kommen inzwischen mit. Als meine Frau uns das erste Mal begleitet hat, war sie direkt Feuer und Flamme.«
Eine etwas andere Jubiläumssaison
Die Geschichte des hiesigen Eishockeys begann mit dem Bau der Halle, die 1970 im Revierpark Gysenberg ihre Pforten öffnete, damals, als die Schläger noch aus Holz und die Schlittschuhe aus Leder waren. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Spielstätte des Herner EV zu einem echten Publikumsmagneten, und zwar weit über die Stadtgrenzen hinaus. 2011 wurde der gebürtige Herner und Wahl-Castrop-Rauxeler Jürgen Schubert ehrenamtlicher Geschäftsführer des Traditionsvereins. Für die Jubiläumssaison 2020/2021 hatte er sich mit seinem Team viel vorgenommen. Dann kam Corona. Zwar konnte der Liga-Betrieb im November mit leichter Verspätung starten, doch die Spiele fanden zum Großteil vor leeren Rängen statt. Noch bis April kämpfen die Athleten in der Oberliga Nord, der dritthöchsten Spielklasse, um die Teilnahme an den Playoffs. Fans können die Begegnungen während der Lockdown-Phasen über ein Online-Portal live mitverfolgen. »Aber das ist natürlich nicht das gleiche«, bedauert Jürgen Schubert. Überdies seien die finanziellen Einbußen nicht unproblematisch. »Unsere laufenden Kosten sind leider deutlich höher als bei anderen Hallensportarten. Wir haben in den letzten Jahren energetisch viel optimiert, aber wir können nach den Spielen nicht einfach alles ausschalten.«
Von der Laufschule bis zum Ligabetrieb
Derweil lagen Nachwuchs- und Breitensport beim Herner EV wie überall in Deutschland zeitweise komplett ›auf Eis‹. Auf kratzende Kufen und Kinderlachen lauschte man dann vergebens. Dabei geht das Training an normalen Tagen schon mit den Knirpsen in der Laufschule los. Insgesamt gibt es sieben Nachwuchsgruppen für unterschiedlichste Altersklassen, von der ›U7‹ bis zur ›U20‹, sowie eine Hobbymannschaft für Erwachsene und eine zweite Mannschaft, die zwei Ligen unter den Profis antritt. Eishockey gilt zwar als eine der schnellsten und rauesten Sportarten der Welt, doch gerade im Schüler- und Jugendbereich steht der spielerische Aspekt im Vordergrund. Eine umfassende Schutzausrüstung – bestehend aus Helm, Vollvisier, Mundschutz, Halskrause, Brustschutz, Protektoren für Arme und Beine sowie Handschuhe – ist für die Jungs und Mädels obligatorisch.
»Eishockeyspielen ist wie 800 Meter sprinten – vierzigmal hintereinander«
Bei den Älteren kann es dagegen schon mal etwas schroffer zugehen. Aber auch hier sind die Sportler bestmöglich durch ihre Ausrüstung geschützt. »Natürlich ist eine gewisse Härte dabei, schon aufgrund des extremen Spieltempos«, berichtet Björn Muthmann, der in seiner Jugend selbst aktiv mitgemischt hat. Er habe aber noch alle Zähne im Mund, scherzt er. »Ein Sportmediziner hat mal gesagt: Eishockeyspielen ist wie 800 Meter sprinten – vierzigmal hintereinander. Kurze Verschnaufpausen wechseln sich ab mit vielen superintensiven Intervallen.« Und nicht nur die Athleten mit ihren Schlittschuhen erreichen enorme Geschwindigkeiten. In den oberen Ligen fliegt der Puck mit bis zu 160 Stundenkilometern durch die Luft. »Wenn man so einen Schuss abkriegt, tut es natürlich weh! Dennoch stehen beim Eishockey immer Teamgeist und Kameradschaft im Vordergrund – auch zwischen den konkurrierenden Mannschaften. Man kennt sich von den Spielen und trinkt anschließend vielleicht sogar ein Bier zusammen.«
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