»Wie eine Stunde spielen«
Die Frühförderung der Caritas
Wann fängt meine Kleine endlich an zu krabbeln? Wieso spricht sie noch nicht, während die gleichaltrigen Neffen und Nichten schon munter vor sich hin brabbeln? Die motorischen und geistigen Fähigkeiten entwickeln sich bei jedem Kind anders. Doch was sollten Kinder ab welchem Alter normalerweise können – und wann gibt es Anlass zur Besorgnis?
»Kinder sind sehr unterschiedlich«
»Auf diese Frage gibt es keine pauschale Antwort«, wissen Tim Bockenhüser, Claudia Pöhlmann und Sarah Konigorski vom Team ›Frühförderung‹ der Caritas im Don-Bosco-Haus an der Bahnhofstraße. »Kinder sind sehr unterschiedlich: Manche robben, krabbeln und laufen, andere überspringen das Krabbeln und stehen sofort auf. Wenn das Verhalten im direkten Vergleich zu Gleichaltrigen stark abweicht oder Kinder in der KITA eine niedrige Frustrationstoleranz zeigen, kann dies ein Hinweis auf eine Entwicklungsverzögerung sein, was wir im Rahmen einer umfangreichen Diagnostik untersuchen.«
Diagnose durch Fachleute verschiedener Disziplinen
Das Angebot richtet sich an kleine Patienten vom Säuglingsalter bis zur Einschulung. Es ist freiwillig und kostenfrei. Voraussetzung ist eine Genehmigung der Kostenübernahme durch den LWL oder die Krankenkasse. In einem ersten unverbindlichen Beratungsgespräch klären die Mitarbeiter die Familien gerne über die Rahmenbedingungen auf. Bei der Diagnose werden Fachleute verschiedener Disziplinen eingebunden, von Heilpädagogen über Logopäden und Ergotherapeuten bis hin zur Kinderärztin. Ein zertifizierter Entwicklungstest bringt eventuelle motorische, kognitive oder sozial-emotionale Auffälligkeiten ans Licht. »Die Kinder erhalten von uns spielerische Aufgaben: eine Pyramide aus Holzwürfeln bauen, balancieren oder Perlen auffädeln«, berichtet Heilpädagin Claudia Pöhlmann. »Für die Kleinen ist es wie eine Stunde spielen – für uns aber ist es sehr aufschlussreich.«
Lernen im Bällebad
Erhärtet sich der Verdacht einer Entwicklungsverzögerung oder Behinderung, wird ein ausführlicher Behandlungsplan mit Förderzielen ausgearbeitet. »Der kann schon mal 15 Seiten umfassen und wird durch den LWL bewilligt«, informiert Caritas-Vorständin Veronika Borghorst. Die Behandlung umfasst mindestens zwölf Monate, wobei heilpädagogische und ergotherapeutische Inhalte zur Förderung von Motorik, Wahrnehmung und Konzentration oft ineinandergreifen. »Am Anfang geht es darum, erst mal eine Beziehung aufzubauen und Wohlfühlatmosphäre zu schaffen«, erzählt Heilpädagogin Sarah Konigorski. »Daher dürfen sich die Kids bei mir das erste Spiel immer aussuchen.« »Wir bieten hier so viele tolle Spielsachen, dass die Kinder die Stunden gar nicht als Therapie wahrnehmen«, ergänzt ihre Kollegin Claudia Pöhlmann. »Bällebad, Schaukel, Rutsche und Sprossenwand machen den Besuch attraktiv.«
»Wenn dieselben Kinder nach einem Jahr vernünftig mit Stift und Schere umgehen, ist das ein enormer Fortschritt«
Auf Wunsch können Papa oder Mama während der Termine dabei bleiben. »Familienarbeit ist uns ganz wichtig«, sagt Veronika Borghorst. »In Bezug auf die Eltern, denen wir Tipps und Denkanstöße für zu Hause mitgeben, aber auch im Hinblick auf eventuelle Geschwister, die von der Behinderung des Bruders oder der Schwester ja ebenfalls betroffen sind.« Neben der Einzelförderung besteht die Möglichkeit einer Förderung in Kleingruppen – schließlich lernen die Knirpse auch voneinander. Alle zwölf Monate gibt es eine Verlaufsdiagnostik. »Ich habe schon Vierjährige betreut, die keine Minute stillsitzen konnten«, berichtet Ergotherapeut Tim Bockenhüser. »Wenn dieselben Kinder nach einem Jahr vernünftig mit Stift und Schere umgehen, ist das ein enormer Fortschritt.«
Frühförderung der Caritas
Bahnhofstraße 15
44575 Castrop-Rauxel
Tel. 0 23 05 / 3 42 01