Stadtmagazin Lünen: Lehren und Lernen

»In jedem von uns steckt Musik« Bandprojekt am Förderzentrum Nord

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Bandprojekt am Förderzentrum Nord

»Hit the road Jack and don’t you come back no more …« Fröhlich und kraftvoll erschallt die Zeile aus dem berühmten Ray-Charles-Song im Klassenzimmer. Acht junge Menschen der neunten und zehnten Stufe singen voller Inbrunst. Dabei werden sie von Lehrerin Gundula Hahn an der Gitarre und Musikschullehrer Ulli Gronemeyer am E-Piano begleitet. Es klingt schon ziemlich professionell – wie eine richtige Band –, und vor allem klingt es nach Spaß. »Unser Ziel ist es, die Jugendlichen anzufixen«, erklärt Gundula Hahn mit einem Augenzwinkern. »Viele haben ja zu Hause keinerlei Berührungspunkte mit Instrumenten. Aber in jedem von uns steckt Musik!«

»Lächeln und weitermachen!«

Musiziert wird im Förderzentrum Nord an der Moltkestraße schon seit 2016. Damals, kurz nach der Gründung der Förderschule, wurde das Bandprojekt anfangs in Kooperation mit der Edith und Martin Guse-Stiftung und der Musikschule der Stadt Lünen ins Leben gerufen. Inzwischen ist der Musikraum mit Instrumenten reich gefüllt: Neben Keyboard, Gitarre und Bass finden sich verschiedene brasilianische Trommeln, ein Schlagzeug und Klanghölzer. Und auch an musikbegeisterten jungen Talenten mangelt es nicht. Manche, wie Natalie, sind frisch eingestiegen. Andere, wie Alissia und Steven, gehören bereits zum Inventar. Heute übernehmen die beiden im Duett spontan die Lead-Stimmen. Von Lampenfieber keine Spur. »Klar ist es manchmal aufregend«, sagt Bandkollegin Julia, die an ihrer früheren Schule schon häufiger auf der Bühne gestanden hat. »Aber wenn etwas schiefläuft: lächeln und weitermachen!« »Man merkt ja auch, dass man besser wird«, ergänzen die Zwillinge Laura und Leonie und strahlen: »Außerdem haben wir die beste Lehrerin aller Zeiten.«

»Jeder hier gibt sein Bestes«

Es ist beeindruckend, wie viel Leichtigkeit und Selbstvertrauen die jungen Leute ausstrahlen. »Dabei ist es für viele unserer Schülerinnen und Schüler gar nicht so einfach, sich zu konzentrieren und am Ball zu bleiben«, weiß Gundula Hahn. »Wir versuchen, sie da abzuholen, wo sie stehen«, erklärt ihr Kollege Ulli Gronemeyer. Dies geschieht in der Regel ohne Noten, durch Vormachen und Nachahmen. Mit Nummern, die allgemein bekannt und leicht zugänglich sind. Einen festen Plan gibt es nicht. »Weil es eben immer von der Stimmung und Tagesform abhängt«, berichtet Gundula Hahn. »Wenn es zum Beispiel Stress oder Zoff gibt, müssen wir das auch auffangen.« Oft teilt sich die Gruppe vor der gemeinsamen Bandprobe erst einmal auf. Ulli Gronemeyer betreut die Rhythmusübungen an den Trommeln, während Gundula Hahn nebenan das Gesangstraining übernimmt.« Sie lächelt: »Stimmübungen können unglaublich albern klingen. Aber meine Mädels sind abgehärtet und machen alles mit. Ich bin echt stolz auf die Horde: Jeder hier gibt sein Bestes.«

»Sie wachsen auf der Bühne über sich hinaus«

Ob alte Klassiker wie ›Sweet Dreams‹, neuere Stücke wie ›Stadt‹ oder Gänsehaut-Nummern wie ›Geile Zeit‹: Die Jugendlichen entscheiden, welche Songs es in die Playlist schaffen. Gefragt nach ihrer Lieblingsmusikrichtung, brauchen die meisten nicht lange zu überlegen. »Alles – außer Schlager!«, verkündet Steven. Manchmal werden Hits zum Spaß umgedichtet: Zur Melodie von Michael Jackson’s ›They don’t care about us‹ heißt es dann etwa in einer Strophe: ›Mathe, Bio, Englisch, Deutsch und Werken, wir müssen uns immer alles merken …‹ Bühnenarbeit gehört ebenfalls dazu: Jedes Jahr werden die gemeinsam einstudierten Songs beim Abschluss der ›Zehner‹ performt. »Die Schülerinnen und Schüler wachsen daran«, freut sich Gundula Hahn. »Sie wachsen auf der Bühne über sich hinaus. Selbst diejenigen, die anfangs schüchtern wirken, zeigen sich bald stolz und selbstbewusst, was ein wichtiger Baustein für die persönliche Entwicklung ist. Das braucht man auch für das Bewerbungsgespräch!«

Grundstein für ein lebenslanges Hobby?

Weil ein Nachmittag pro Woche für den musikalischen Fortschritt noch nicht ganz optimal ist, gibt es am Förderzentrum Nord im Rahmen der intensivpädagogischen Förderung eine ergänzende musikalische Betreuung in Kleinstgruppen. Zusätzliche Gitarren wurden bereits bestellt, und diese könnten dann auch zum Üben mit nach Hause genommen werden. Überdies machen die Lehrkräfte bei ihren Schützlingen fleißig Werbung für die Musikschule der Stadt Lünen. Im Idealfall wird so der Grundstein für ein lebenslanges Hobby gelegt. »Während der Bandproben kommen hin und wieder Ehemalige um die Ecke, die uns berichten, wie es ihnen ergangen ist«, erzählt Ulli Gronemeyer. »Ich finde das klasse, zu erfahren, was aus ihnen geworden ist, ob sie weiter Musik machen. Und natürlich freut es uns, dass sie uns nicht vergessen haben.«

Sponsoren gesucht!

Bleibt zu hoffen, dass das Bandprojekt am Förderzentrum Nord noch lange aufrechterhalten werden kann. Selbstverständlich ist dies leider nicht. Zuletzt wurde das Angebot über das NRW-Programm ›Geld statt Stelle‹ finanziert, und die Förderung muss jedes Jahr neu beantragt werden. Die Beteiligten erfahren immer erst kurz vor Beginn des neuen Schuljahres, ob ihre Bewerbung Erfolg hatte. »Unser Traum wäre es, Sponsoren in Lünen zu finden, die das Projekt unterstützen möchten«, so Gundula Hahn und Ulli Gronemeyer. »Dies würde uns unabhängig von der Landesförderung machen und die Zukunft der Schülerband längerfristig sichern.«

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