Stadtmagazin Lünen: Nachhaltigkeit

Werkeln, tüfteln, reparieren

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Schnupperstunde im Fabrikationslabor

Zu später Stunde brennt im Obergeschoss des Bürgerhauses Horstmar noch Licht. Menschen löten oder programmieren hochkonzentriert an rätselhaften Apparaturen mit hervorstehenden Kabeln und Drähten herum. Werkzeuge, Messgeräte und elektronische Bauteile liegen verstreut auf den Tischen. Es leuchtet, blinkt und surrt. Wir sind zu Gast in der FabLab-Mitmachwerkstatt in Lünen. Und zugegeben: Als Laien verstehen wir erst mal nur Bahnhof.

Elektroschrott vermeiden

»FabLab steht kurz für Fabrikationslabor«, erklärt Mitbegründerin Ute Brettner. »Dahinter verbirgt sich ein weltweites Netzwerk aus lokalen Werkstätten, die das Ziel haben, Privatpersonen einen niederschwelligen Zugang zu modernen Fertigungstechniken zu eröffnen.« In der Stadt an der Lippe begann alles mit einem Repair-Café, das 2013 zunächst im Gemeindehaus Wethmar und später im Parteibüro der Grünen an der Münsterstraße stattfand. Im Repair-Café werden die Besucher bei der Reparatur ihrer eigenen Geräte unterstützt, um diese länger zu nutzen und Elektroschrott zu vermeiden. »Viele Geräte haben nur kleine Fehler oder Macken«, so Ute Brettner. Als studierte Elektrotechnikerin verfügt die 64-Jährige über das fachliche Know-how, um Schönheitsfehler oder kleinere Defekte zu beheben. »Man muss aber leider auch sagen, dass die Konstruktionen häufig nicht reparaturfreundlich sind«, ergänzt sie. »Man braucht manchmal ’ne Stunde, um sie zu zerlegen, und häufig ist‘s dann nur eine Kleinigkeit, wie ein defektes Bauteil.«

Erstes Projekt: ein Pfannkuchendrucker

So entstand die Idee, selbst etwas zu erschaffen. Das FabLab Lünen war geboren. Seit 2014 treffen sich die kreativen Tüftler*innen im Bürgerhaus im Herzen des Stadtteils Horstmar. Hier finden sich drei Maschinen, die jedes ambitionierte Bastlerherz höher schlagen lassen: eine CNC Fräse und ein 3D-Drucker der Marke Eigenbau sowie ein Laserschneider. Mit digitaler Unterstützung und handwerklichem Geschick entsteht so viel Schönes, Sinnvolles und Raffiniertes: vom Oster-Holzschmuck für das Fenster über farbig hinterleuchtete Schilder und Schaubilder bis hin zu programmierbaren Steuerungen, die für alle möglichen automatischen Prozesse eingesetzt werden. »Unser erstes Projekt war ein Pfannkuchendrucker, den wir damals aus Legosteinen, einer Steuerung und einer Heizplatte gebaut haben«, erinnert sich Ute Brettner. »Die gedruckten Pfannkuchenbilder waren gut erkennbar, und man konnte sie sogar essen. Mit dem Gerät waren wir 2014 auf der ersten ›Mini-Maker Faire‹ im Dortmunder U. Sogar der WDR hat darüber berichtet. Es war ein schönes Projekt mit der ein oder anderen Panne: Im Sommer ist bei 30°C mal eine Teigflasche ›explodiert‹. Das war eine Riesensauerei.«

400 Stecknadeln und mindestens 1 Kilometer Garn

Aktuelles Projekt: ein sogenannter Fadenzieh-Apparat, der Mitte März bei der Messe ›Maker Faire Ruhr‹ in der DASA in Dortmund ausgestellt werden soll. Benötigt werden ein Foto, ein spezielles Computerprogramm, eine Scheibe mit 400 Löchern am Rand sowie Stecknadeln und mindestens 1 Kilometer Garn. »Ein Algorithmus erzeugt aus dem Foto ein ähnliches Bild, das nur aus geraden Linien von einer Nadel zu einer anderen besteht. Es wird unter allen Möglichkeiten diejenige Linie ausgewählt, bei der die meisten Pixel mit dem Bild übereinstimmen«, erfahren wir. »Der Algorithmus exportiert dann die Koordinaten für das reelle Fadenbild, das in Millimeterarbeit auf der gelochten Scheibe entsteht.« Uns interessiert: Warum das Ganze? »Weil es Spaß macht«, erwidert Ute Brettner mit einem Lächeln. »Es entsteht z. B. ein Portrait der besonderen Art: als wenn man durch ein Gespinst schaut.« Eine andere technische Eigenkreation hat durchaus praktischen Nutzen: Eine Katzenfalle des Tierschutzvereins wurde vom Labor mit einem LoRaWAN-Sensor ausgerüstet. Schnappt die Falle zu, erfolgt ein Funksignal an einen Server, der zum Beispiel wiederum eine Nachricht an eine Telegramgruppe schickt. Und das ist längst nicht alles: Zu Demonstrationszwecken entwickeln die Technikfans derzeit noch eine Art Roboterkatze mit beweglichen Augen … Warum? »Weil es doch ziemlich langweilig ist, auf der Maker Faire nur eine leere Falle mit keinem Sensor zu zeigen. Aber eigentlich geht es um die LoRaWAN-Sensorik, eine Funktechnik mit großer Reichweite, die aktuell in Lünen für ›Smart City‹-Anwendungen eingesetzt wird. Im Fablab wird gezeigt, wie unterschiedliche kleine LoRa-Sensoren gebaut und programmiert werden.«

»Wir verbeißen uns auch schon mal«

Eines ist ihnen wichtig: Man muss kein ›Technik-Nerd‹ sein, um im FabLab mitzumachen. Neugier und Experimentierfreude genügen. Aktuell zählt der Verein 21 Mitglieder. Vom Studenten bis zum Rentner, von der Hausfrau und Mutter bis zur Berufstüftlerin ist jeder willkommen. Interessent*innen können immer mittwochs im Open Lab hereinschnuppern oder an öffentlichen Angeboten wie dem Repair-Café teilnehmen. »Das einzige, was man über uns Bastler wissen muss, ist, dass wir manchmal zu ehrgeizig sind«, schmunzelt Ute Brettner. »Wir verbeißen uns auch schon mal in einer kniffeligen Aufgabe, statt zuzugeben: Das wird nichts mehr. Oft sind wir aber erfolgreich! Denn das Tolle im Fablab ist, dass die Leute dort über sehr unterschiedliche Fähigkeiten verfügen. Einer hat immer eine Idee, und wir lernen gerne dazu.«

Open Lab
Immer mittwochs ab 19 Uhr · Bürgerhaus Horstmar (Seiteneingang)
fablab-luenen.de

Termintipp: 16./17.03.2024 · ›Maker Faire Ruhr‹ · DASA Dortmund

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