Mit Herz, Humor & Blutvergießen

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Vier Ruhrgebietsautor*innen veröffentlichen Anthologie ›Wolkig bis heiter‹

Wie wäre es, wenn wir unser verlorenes Lachen im Fundbüro wiederfinden könnten? Warum geht der Sex für Kabeljau bisweilen tödlich aus? Und kann es wirklich sein, dass die Erde aus Gottes Ohrenschmalz entstanden ist? Ziehen Sie sich warm an, am besten nach dem Zwiebelprinzip, denn die Anthologie ›Wolkig bis heiter‹ eines Quartetts aus Ruhrgebietsautor*innen schickt Sie auf eine Rundreise durch sämtliche literarischen Klimazonen – Temperaturschwankungen garantiert!

Verbindendes Element: Kontraste

»Wir wollten in dem Buch nicht einfach irgendwelche Texte bündeln, die nichts miteinander zu tun haben, daher haben sich Werner Schlegel und Marit Rullmann, die uns auch als Lektorin zur Seite stand, im Vorfeld hingesetzt und nach einem verbindenden Element gesucht – dem roten Faden –, und ihn schließlich auch gefunden«, erzählt die Castrop-Rauxeler Schriftstellerin Claudia Schröder. »Im Großen und Ganzen geht es um Kontraste: zwischen Männern und Frauen, Prosa und Poesie, Ernst und Humor, Zwischenmenschlichem und Politischem, manchmal sogar alles auf einer Seite. Insofern bringt der Titel den Inhalt gut auf den Punkt: wolkig bis heiter eben.«

Bücherplantage: ein Verlag für bekannte und unbekannte ­Autor*innen

Die vier Verfasser*innen – Claudia Schröder, Gaby Teitz, Andreas Sticklies und Werner Schlegel – kennen und schätzen sich seit vielen Jahren. »Wir müssen unbedingt mal was zusammen machen«, hieß es immer mal wieder bei verschiedenen Literatentreffen in der Kneipe, in der VHS oder im Gelsenkirchener Dachstubensalon. Da traf es sich gut, dass Andreas’ Ehefrau Jennifer Sticklies im Jahr 2017 den Verlag Bücherplantage gründete. »Wir wissen alle, wie schwierig es selbst für große Schreibtalente heutzutage ist, ihre Werke professionell unterzubringen«, so die Verlegerin. »Mit der Bücherplantage wollen wir auch unbekannteren Autorinnen und Autoren eine Plattform geben.«

Vorgestellt: das kreative Quartett

Wobei – ganz so ›unbeschrieben‹ sind die Beteiligten von ›Wolkig bis heiter‹ nun auch wieder nicht. Alle vier blicken bereits auf eine lange Reihe von Veröffentlichungen zurück. Claudia Schröder hat die Szene als Gründungsmitglied der Literaturwerkstatt Castrop-Rauxel in 32 Jahren entscheidend mitgeprägt. Nach wie vor treffen sich lokale Hobbyautoren an jedem zweiten Freitag immer um 18 Uhr im Bürgerhaus. Gaby Teitz ist spezialisiert auf ›bewölkte‹ Lyrik und Prosa, was sich auch in ihrem jüngst erschienenen Gedichtband ›Schattenwelt‹ widerspiegelt. Für Andreas Sticklies fing die Schreibkarriere nach eigenen Angaben mit Leserbriefen an. »Dann habe ich die Wettbewerbe für mich entdeckt und bin inzwischen in 80 Anthologien vertreten«, verrät er mit einem Augenzwinkern. Werner Schlegel ist hauptberuflicher Autor seit den Achtzigern und Mitbegründer des Gelsenkirchener Dachstubensalons. In seiner aktiven Zeit als Journalist hat er Reportagen für große Medien wie den Stern oder die Zeit verfasst.

Wie kommt man bitte auf so was?

Die über hundert Gedichte und Kurzgeschichten sind so unterschiedlich wie ihre Schöpfer. Hier werden mit wenigen Worten große Gefühle beschrieben, zaubern uns freche Verse ein Schmunzeln ins Gesicht, sorgen wunderschöne Metaphern für Gänsehaut. Dort überraschen kuriose Ideen und unerwartete Wendungen. Beispiel: Ein Bekleidungshaus verkauft seinen Kunden Nervenkostüme mit rosaroter Brille und passenden Samthandschuhen. Ein Saunagang artet zum philosophischen Diskurs über den Begriff des Nacktseins aus. Und ein zunächst scheinbar harmloser Zugpassagier entpuppt sich als infernalischer Weltenzerstörer … Wie kommt man bitte auf so was? »Oft ganz spontan«, lächelt Claudia Schröder und spricht ihren Kolleg*innen damit aus der Seele. »Das äußert sich zum Beispiel darin, dass man bei einer neuen Idee im Auto schnell rechts ranfährt oder abends im Bett doch noch mal das Licht einschaltet, um alles aufzuschreiben, weil man genau weiß: Bis morgen hält es nicht, bis dahin ist es weg.«

Praktisches Lesefutter für unterwegs

Ergebnis ist eine bunte und höchst unterhaltsame Mischung aus Herz und Humor, literarischer Verfremdung und blutiger Satire – welche praktischerweise in fast jede Handtasche und sogar manche Manteltasche passt. Der Gelsenkirchener Werner Schlegel berichtet von einer Besucherin, die das Buch einsteckte, um es in Ruhe zu Hause zu lesen. »In der Bahn wurde sie dann aber doch neugierig und hat es aufgeschlagen. Später erzählte sie mir, dass sie bis Dortmund nicht mehr aufhören konnte zu lesen. Das ist für uns das größte Kompliment. Damit hat sich die Arbeit gelohnt.« Ob wir uns auf weitere gemeinsame Veröffentlichung des kreativen Quartetts freuen dürfen? »Geplant ist noch nichts«, so Andreas Sticklies. »Aber das Potenzial ist da!«

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