Stadtmagazin Castrop-Rauxel: In der Stadt

Stille Feiertage – der VfB Habinghorst wurde 100 ...

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… und die großen Events zum Jubiläum wurden um ein Jahr verschoben

Der Trainingsbetrieb läuft wieder. »Seit zwei Wochen«, berichtet Peter Limke. Etwa dreißig Kinder und zwanzig Eltern haben sich an einem Samstagmorgen auf dem Gelände eingefunden – und ordnungsgemäß in Listen eingetragen. Eigentlich ist es die D1, die da jetzt auf dem Platz steht und das Training unter Corona-Bedingungen aufgenommen hat, doch ab Juni werden aus den Jungs C1 und C2. Eigentlich, denn nachdem die Saison im Junioren- wie Amateurbereich abgebrochen wurde, weiß noch keiner, wann und unter welchen Voraussetzungen es mit der nächsten Saison losgeht. Doch Peter Limke, der erste Vorsitzende des Vereins, nimmt die Situation gelassen: »Wir warten ab, was kommt, und dann kriegen wir das hin.« Geduscht wird zurzeit zu Hause, gemäß dem aktuellen Leitfaden für Vereine, den der DFB unter dem Titel ›Zurück auf dem Platz‹ veröffentlicht hat. Und weil hier gerade das Ergebnis der letzten Untersuchung auf Legionellen noch aussteht. Ja, die Aus- und Nebenwirkungen der Corona-Krise sind vielfältig. Und für den VfB Habinghorst ganz besonders ärgerlich, denn der hat dieses Jahr sein großes Jubiläum. »Seit August haben wir die 100-Jahr-Feier geplant, zwei Termine standen fest – dann mussten wir alles absagen«, erzählt Peter Limke. »Aber zum Glück ist schon geklärt, dass die beiden Events im nächsten Jahr nachgeholt werden.«

Vom Garagenhof bis zu den ›Alten Herren‹

Der Vereinsvorsitzende ist seit jeher fußballbegeistert. Schon als Kind hat er bei Landesligaspielen des VfB am Spielfeldrand gestanden, etwa gegen die Amateure des BVB oder des VfL Bochum. »Dann waren mehrere hundert Zuschauer da«, erinnert er sich an Highlights, derer es in der Vereinshistorie noch größere gab: In den 50ern, als der Club zeitweise drittklassig war, hatten besondere Partien auch mal mehrere Tausend Fußballbegeisterte angelockt, wie Peter Limke zu berichten weiß. Er selbst ›pölte‹ als Kind wie viele andere ständig auf der Straße und in Garagenhöfen – ehe es mit 15 endlich in einen Verein ging, zunächst zu Victoria Habinghorst, dann folgte Arminia Ickern. »Beide werden übrigens im nächsten Jahr hundert« weiß Limke, der die hiesige Fußballlandschaft natürlich bestens kennt. Von 1980 bis 2016 hat er selbst aktiv gekickt, seit 2005 bei den ›Alten Herren‹ des VfB. Seit 2012 ist er hier auch im Vorstand tätig, nachdem seinerzeit die Posten neu besetzt und dabei die Aufgaben gut
auf mehreren Schultern verteilt wurden. Eine sechsköpfige »Super-Vorstandsmannschaft« hält heute den Laden am Laufen, auch in schwierigen Zeiten.

Ein Blick ganz weit zurück ...

Und solche kennt der VfB Habinghorst. Eigentlich fing es schon bei der Gründung an. Sven Wesolowski, der Leiter der Jugendabteilung, präsentiert uns eine archivierte Vereinszeitung zum 50-Jährigen, in der sich das so liest: »Im April des Jahres 1920 riefen einige mutige Männer Sportinteressierte zu einer Zusammenkunft im Lokale Sellenscheidt auf, um einen Fußballverein in Habinghorst zu gründen.
(…) Am 1.5.1920 wurde der Verein aus der Taufe gehoben. (…) Nachdem die Wahl [des Vorstandes] getätigt war und alle ihre Bereitwilligkeit gegeben hatten, sich dem Verein zur Verfügung zu stellen, stellte man sachlich fest, dass keine Kluften, keine Bälle und kein geeigneter Sportplatz zur Verfügung standen.« Die Probleme wurden schnell gelöst, und in den Anfangsjahren war der Club durchaus sportlich erfolgreich, bis sich 1933 mit der Zeit des Nationalsozialismus alles änderte. »Nach erzwungener Umbenennung und letztlich Auflösung der Vereinsstrukturen wurde 1944 der Fußball-Spielbetrieb generell eingestellt«, berichtet Sven Wesolowski. Doch schon im Januar 1946 kam es zur Neugründung: »Ihr Antrag zur Gründung des genannten Sportvereins ist nach Prüfung der Vorstandsmitglieder durch die politische Polizei (…) durch die hiesige Militärregierung genehmigt worden«, teilte seinerzeit das Büro des Oberbürgermeisters mit.

… und nach vorn

100 Jahre bewegte Vereinsgeschichte sind vergangen, und der runde Geburtstag wird 2021 nachgefeiert. Dann werden die beiden großen Revierclubs und -rivalen aus Gelsenkirchen und Dortmund zu Jubiläumsspielen erwartet – erst die bekannte Schalker Traditionself mit zahlreichen Stars vergangener Tage, später die ›Alten Herren‹ des BVB. Jeweils »300 bis 500 Zuschauer« erhofft sich Peter Limke dann. Und wie kommt man als ›kleiner‹ Fußballclub, dessen erste Mannschaft aktuell in der Kreisliga A spielt, zu dieser Ehre? »Der Kontakt kam durch persönliche Bekanntschaften zustande«, erzählt der erste Vorsitzende, »Sohn und Enkel von Schalke-Legende Klaus Fichtel sind bei uns im Verein, der eine als Trainer, der andere als E-Jugend-Spieler. Und die Verbindung zu den Dortmundern besteht in unserem langjährigen Vereinsmitglied und Ex-Spieler Torsten Sengteller, der beim BVB Koordinator der Fußball-Akademie ist. Wobei die beiden Clubs solche Spiele durchaus öfter und gern machen – aber auf dem kurzen Dienstweg ist es natürlich noch einfacher, das zu organisieren.«

Das runde Leder verbindet

Überhaupt gewinnt man den Eindruck, dass eine Abgrenzung zwischen bekannten Proficlubs auf der einen und den ›kleinen Vereinen an der Basis‹ auf der anderen Seite gar nicht sinnvoll ist. Denn beide ›Fußballwelten‹ hängen ja zusammen, allein schon, weil die allermeisten Stars ihre ersten fußballerischen Schritte in Amateurclubs machten. Auch beim VfB Habinghorst haben ein paar gebürtige Castrop-Rauxeler (Ex-)Profis als Kinder bzw. Jugendliche gespielt. Matthias Schipper etwa, der in den 70ern hunderte Erst- und Zweitligaspiele absolvierte und heute ebenfalls Mitglied der Schalker Traditionself ist. Außerdem Torwart Michael Esser (33, zurzeit bei der TSG Hoffenheim unter Vertrag), der als Neun- bis Elfjähriger im Kasten des VfB stand, und dann noch einmal mit 17, in der ersten Herren-Mannschaft in der Bezirksliga. Auch als am ersten Mai, dem offiziellen Jubiläums-Datum, zahlreiche Video-Grußbotschaften auf der Facebookseite des Vereins eintrudelten, zeigte die illustre Schar der Gratulanten, dass das runde Leder die große und kleine Fußballwelt verbindet: Neben Grüßen benachbarter Clubs und aktueller oder ehemaliger VfBler schickten auch Schalke-Legende und Weltmeister Olaf Thon, die zweifache Europameisterin Inka Grings sowie andere (Ex-)Profis aus der Region ihre Glückwünsche an die Habinghorster. Und diese haben derweil, fernab des bezahlten Fußballs und der großen Titel, auch ihre eigenen ›Vereinshelden‹: »Wenn Sie eine Persönlichkeit aus unserem Club besonders hervorheben möchten, erwähnen Sie Hans-Werner Plein«, rät Peter Limke, »er ist seit über 50 Jahren Vereinsmitglied und hat gut 1.000 Spiele für den VfB Habinghorst absolviert.«

www.vfb-habinghorst.de

Fußballregeln im Wandel der Zeit

Als der VfB Habinghorst gegründet wurde, hatte der aus dem englischen Rugbysport hervorgegangene Fußball schon eine lange (Regel-)Geschichte hinter sich. Anfangs wurde mit 15 bis 20 Spielern pro Team agiert, die den Ball durchaus auch mit der Hand stoppen durften. Das änderte sich 1863 mit der Gründung des englischen Fußballverbands FA, der im Übrigen auch die erste so genannte Abseitsregel einführte. Danach war jeder Pass nach vorn unmöglich – die unbrauchbare Idee wurde drei Jahre später modifiziert. Seit 1874 wacht ein Schiedsrichter über das Spiel, zuvor war es Sache der Spielführer gewesen, strittige Szenen zu diskutieren und ›Gentlemen Agreements‹ zu treffen. 1878 wurde erstmals eine Schiedsrichterpfeife verwendet.

In Deutschland gelten die Jenaer Regeln von 1893 als erstes schriftlich festgehaltenes Fußballregelwerk. Beispielsweise wurde festgelegt, dass die Spielfelder eben und frei von Bäumen und Sträuchern sein müssen. Auch vor genau 100 Jahren trat übrigens eine Regeländerung in Kraft: Das Abseits beim Einwurf wurde aufgehoben.

Obwohl gerade die Anfänge des Fußballs mit aus heutiger Sicht kuriosen Regeln aufwarten, gibt es auch aus späterer Zeit Bemerkenswertes zu berichten. So wurde etwa 1963 das Barfußspielen in Indien verboten. Und – für alle, die es noch nicht wussten – erst 1970 wurde das Fußballspielverbot für Frauen aufgehoben. Allerdings nicht in Indien, sondern in der Bundesrepublik.

Abschließend noch ein Beispiel für regionale Besonderheiten: Auf den Färöer Inseln darf beim Elfmeter ein Mitspieler des Schützen den Ball festhalten. Klingt komisch, ist aber so in einer Region, in der es oft derart böig zugeht, dass ein auf dem Punkt abgelegter Ball sich eben nicht regelkonform als ›ruhender Ball‹ verhält …

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