Stadtmagazin Castrop-Rauxel: In der Stadt

Liebe Castop-Rauxelerinnen, liebe Castrop-Rauxeler,

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gemeinsam gegen COVID-19 zu stehen, ist eine Herausforderung, die wohl niemand noch vor einem Jahr auf der Liste derjenigen Dinge hatte, die er oder sie in seinem bzw. ihrem beruflichen oder privaten Fünf-Jahres-Plan aufgeschrieben hätte. Ich selbst auch nicht. Klimaschutz, Verbesserung der Wohnsituation in Castrop-Rauxel und Ausbau der Digitalisierung habe ich mir für meine erste Amtszeit vorgenommen. Castrop-Rauxel weiter zu einer lebenswerten Stadt durch den Ausbau von Kitas, zukunftsfähigen Sportstätten und Freizeitangeboten für alle Generationen voranzubringen und die soziale Klammer unter Bürgerbeteiligung aller Gruppen und Schichten der Stadt um die Stadtgesellschaft zu spannen, war und ist weiterhin der Maßstab, an dem ich mich selbst messe.

In den letzten beiden Monaten ist die Herausforderung, die Verbreitung des Corona-Virus so einzudämmen, dass die Kapazitäten der ärzlichen Versorgung und der Kliniken nicht überlastet werden, das oberste Ziel des kurzfristigen Verwaltungshandelns geworden. Konkret geht es darum, Leben zu schützen. Menschen, die ein erhöhtes Risiko haben, sei es aufgrund ihres Alters oder durch Vorerkrankungen, halten wir in der sozialen Klammer der Gesellschaft, der wir im Ruhrgebiet schon immer stark verpflichtet sind. Natürlich laufen die angestoßenen Projekte und die Umsetzung der angesprochenen Ziele kontinuierlich weiter, doch ist unser aller Arbeitsalltag ein anderer geworden.

Seit Ende April geht es nun um schrittweise Lockerungen des ›shutdowns‹, doch wir dürfen uns nichts vormachen. Ein Leben und Arbeiten wie vor der Corona-Pandemie wird es erst geben, wenn ein Impfstoff gefunden und ausreichend getestet wird und den Menschen zur Verfügung gestellt werden kann. So lange werden wir auf Abstand bleiben und kommen uns doch vielleicht durch die neue Verantwortung füreinander und die Sorge umeinander näher. Das ist eine postive Auswirkung der Pandemie. Doch hilft dem von Arbeitslosigkeit und Insolvenz bedrohten Arbeitnehmer bzw. Unternehmer keine Sozialromantik weiter. Für die Eltern im Homeoffice, sofern dies überhaupt möglich ist, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf den Kopf gestellt. Die tägliche Ausnahmesituation stößt zunehmend an Grenzen in allen Belangen. Die eigene Familie und Freunde nicht oder nur auf Abstand zu sehen, wird gerade für Alleinstehende und Ältere zum Problem – und das gebe ich gern zu, auch ich vermisse den Kontakt und den Austausch mit anderen. Deshalb ist eine schrittweise Lockerung mit Augenmaß und – das möchte ich explizit betonen – mit ausreichendem Vorlauf zu befürworten, solange – und auch das sage ich ganz deutlich – die Zahlen der Neuinfektionen nicht durch die Decke gehen.

Eine Rückkehr zu den im März getroffenen Maßnahmen halte ich nicht für ausgeschlossen. Unter diesem Damoklesschwert leben wir in den nächsten Monaten oder kurz gesagt: Der gesunde Menschenverstand muss doch jedem sagen, dass das Virus im Mai genauso ansteckend ist wie im März und wir nur mit äußerster Umsicht vorgehen können. Kein Erlass, keine Verordnung wagt es – zu Recht – in den privaten Raum, das eigene Zuhause einzugreifen. Ist es aber sinnvoll, sich mit 10, 15 Personen auf engem Raum zu treffen? Nein. Da müssen wir uns aufeinander verlassen können. Da müssen wir verstehen, warum und wofür wir uns selbst so einschränken. Nur dann können die Einschränkungen über einen längeren Zeitraum greifen, nicht, weil das Land eine Verordnung erlässt oder der Kommunale Ordnungsdienst der Stadt kontrolliert, sondern weil jeder Einzelne die Notwendigkeit versteht.
Deshalb ist die Stadtverwaltung um größtmögliche Transparenz bemüht. Facebook-Sprechstunden, Telefonbesuche, Bürger-Hotline, Videokonferenzen mit einzelen gesellschaftlichen Gruppen, Anschreiben an Unternehmer und andere Bevölkerungsgruppen, Live-Übertragung der Ratssitzung – die Stadtverwaltung möchte auf allen Ebenen den Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern und ihnen direkte Informationen, wenn möglich auch schnelle Unterstützung bieten.

Verstehen und Verständnis einzufordern wird noch schwieriger, wenn die Schieflage bei den anstehenden Lockerungen betrachtet wird. Das ist eine Herausforderung, der wir uns derzeit stellen müssen. Seit dem 20. April gibt es keine Personenbeschränkung mehr bei Bestattungen, eine standesamtliche Trauung ist am 24. April aber i. d. R. immer noch nur mit dem Brautpaar und dem Standesbeamten möglich. Am 26. April darf niemand in die Kirche, am 1. Mai aber schon. Ein temporäres Ungleichgewicht ist durch die schrittweise Öffnung nicht zu vermeiden und nur schwer nachzuvollziehen, auch für mich. Doch das Land fährt auf Sicht gegen einen unsichtbaren Feind, und es ist ein vorsichtiges Ausloten einzelner Maßnahmen, deren Erfolg oder Misserfolg erst nach 14 Tagen messbar wird.

Was wir kommunal tun können, setzen wir um. Trotz der Kurzfristigkeit mancher Maßnahmen hat mich die Flexibilität, die Kreativität und der unermüdliche Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung überwältigt. Auch den eigenen Leuten muss mal gedankt werden.

Bei allen Belastungen, die die Menschen zurzeit ertragen müssen, sehe ich auch eine große Welle der Solidarität. Es gibt viele, die im Verborgenen oder mit größer Öffentlichkeitswirksamkeit helfen. Jedem Einzelnen spreche ich meinen Dank aus. Ob sie für den Nachbarn einkaufen gehen, eine Maske nähen, ihrer Arbeit nachgehen, lokal einkaufen oder die schul- und kitafreie Zeit mit den Kindern am Abend noch mit einem Lächeln honorieren – Danke. Das macht diese Zeit aus, das macht für mich unsere Stadt Castrop-Rauxel aus, und darauf bin ich stolz.

Ihr Rajko Kravanja

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