Stadtmagazin Castrop-Rauxel: In der Stadt

Faszinierende Einblicke in ein schillerndes Leben

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Diseuse, Schauspielerin, Schriftstellerin, Malerin und eine echte Type

Ein Hildegard-Knef-Museum in Castrop-Rauxel? Bücher, Schallplatten, Bilder und unzählige Accessoires von ihr hier an der Bahnhofstraße? Wir sind geplättet und geflasht zugleich. Wie kommt die legendäre Sängerin und Schauspielerin, die an Orten wie Berlin und München, in den USA und Großbritannien zu Hause war, zu uns in die Europastadt?

Für mich soll’s rote Rosen regnen ♫

Alles begann vor fünf, sechs Jahren, als die Castroperin Annette Kleinhans per Zufall im Internet ein Video anklickte. Es war ein echter Kassenschlager aus den 90ern: Hildegard Knefs Remake ihres Klassikers ›Für mich soll’s rote Rosen regnen‹ mit der Deutschen Rockband Extrabreit. Und wieder machte es Klick, diesmal allerdings nicht auf Maus oder Bildschirm, sondern bei Annette Kleinhans selbst: »Natürlich kannte ich Hildegard Knef, doch es war halt nicht unbedingt ›meine Musik meiner Zeit‹. Bei diesem Video aber habe ich mich sofort in Hildes wunderschöne Augen verguckt. Ich habe (Auto-)Biographien gekauft und gelesen, CDs rauf- und runtergehört. Und je mehr ich hörte und las, umso interessierter war ich und merkte schnell: Ich bin kein Fan, ich bin eine Verehrerin von Hildegard Knef.«

Zwei in einer großen Stadt ♫

Es sollte nicht bei CDs und Büchern bleiben. Annette Kleinhans war geradezu infiziert und steckte ihren Partner Manfred Bölling unweigerlich mit an. Gemeinsam fuhren sie nach Berlin, suchten die Nähe zur letzten Wirkungsstätte der Ausnahmekünstlerin und mehr … »Wir wollten auch den Menschen Hildegard Knef erfahren und versuchten, Kontakt zu Begleitern ihres Lebens aufzunehmen«, erzählt Annette Kleinhans. Und wirklich, es kamen zahlreiche Kontakte zustande: unter anderem mit René Koch (Visagist von Hildegard Knef), Peter Katzmann (ein jahrzehntelanger Fan) und sogar mit ihrem dritten und letzten Ehemann Paul von Schell. »Wir haben viele Leute kennengelernt, die uns ungeheuer lebendig von ihr berichtet haben, Erzählungen über die 40-jährige, 50-jährige, 60-jährige und 70-jährige Hilde in ihren Höhen und Tiefen. Geschichten und Anekdoten, die auch die Veränderungen ihrer Persönlichkeit widergaben.«

»Es ist eine Schwäche der Männer, Frauen gegenüber stark erscheinen zu wollen.«*

Eins und eins, das macht zwei … ♫

Zu vielen dieser Begleiter sind inzwischen richtiggehend freundschaftliche Beziehungen entstanden. Das Charisma der Sängerin und Schauspielerin vereint halt auch 17 Jahre nach ihrem Tod noch Menschen und Schicksale. »Vor allem habe ich auch durch diese Bekannten und Freunde tolle Tipps bekommen, wie und wo ich an weitere Erinnerungsstücke komme. Ich war so fasziniert und habe unzählige Exponate angesammelt: Schallplatten und Bücher, Zeitungsartikel, Bilder und Plakate, aber auch Kleider und Kostüme«, berichtet Annette Kleinhans. Irgendwann waren alle Schränke und Schubladen, Wände und Zimmernischen hildepickepackevoll. »Ich wusste wirklich nicht mehr, wohin damit«, erinnert sich Annette Kleinhans lächelnd, »und dann kam die Idee: Warum nicht damit an die Öffentlichkeit gehen, meine Begeisterung weitergeben und ein kleines Museum eröffnen?«

Ich brauch’ Tapetenwechsel ♫

Gesagt, getan … Im Hinterhof von Manfred Böllings Steuerberatungskanzlei gab es schließlich dieses alte Lagerhäuschen des früheren Raumausstatters Talmeyer. »Nun ja, es war eher ein Schuppen«, schmunzelt Manfred Bölling, »und fast das ganze letzte Jahr über haben wir renoviert, gestrichen und gemacht.« Mit Erfolg: Im Oktober 2018 wurde das Hildegard-Knef-Museum offiziell eröffnet. »Apropos offiziell, wir haben uns natürlich ganz brav die Namensrechte gesichert«, beteuert Annette Kleinhans augenzwinkernd, vor allem aber freut sie sich sichtlich über die begeisterte Resonanz der Besucher. »Der Zuspruch war ungemein positiv, und das spüren wir auch jedes Mal bei unseren Veranstaltungen und Museumstagen.«

»Brüllt ein Mann, ist er dynamisch, brüllt eine Frau, ist sie hysterisch.«*

Eine Frau ist eine Frau ♫

Jeden ersten, dritten und (bei entsprechender Monatslänge) fünften Freitag des Monats öffnet das Hildegard-Knef-Museum seine Pforten und lädt ein zu einem außerordentlich inspirierenden und charmanten Rundgang. Vieles kommt einem vielleicht vertraut vor: die ganz besondere Portraitdynamik und Mimik der Künstlerin auf Fotos und Filmplakaten oder die eingängigen Melodien in der durchaus eigenwilligen Interpretation der »größten Sängerin ohne Stimme« (Zitat von Ella Fitzgerald). Anderes hingegen lässt einem richtiggehend den Mund offenstehen. Wussten Sie, dass Hildegard Neff (unter diesem Namen trat sie im Ausland auf) bis in die 80er-Jahre gemalt und eindrucksvoll lebendige Alltagsszenen von enorm authentisch skizzierten Menschen auf die Leinwand gebracht hat? Hätten Sie geahnt, dass die begeisterte Raucherin eine schwarze Kappe (Requisit aus ihrem Film ›Madeleine und der Legionär‹) jahrelang als Aschenbecher genutzt hat? Ist Ihnen bewusst, dass Modemacherlegenden wie Yves Saint Laurent, Rudolph Moshammer und Pierre Balmain es als ausgesprochene Ehre empfanden, Bühnenoutfits der Diva zu kreieren? Auch diese Erinnerungsstücke können im Museum in Augenschein genommen werden.

Aber schön war es doch ♫

»Wir haben unwahrscheinlich unterschiedliche Einblicke in das Leben dieser großartigen Frau hier bei uns«, sagt Annette Kleinhans. »Das beginnt mit einem sehr persönlichen Brief von Romy Schneider an sie, führt sich fort in einem aus Briefmarken gefertigten Portrait aber auch in Schlagzeilen von Bild & Co. über damalige Skandälchen. Ganz abgesehen davon habe ich von Peter Katzmann ein Zeitungsartikelarchiv erworben mit unzähligen Artikeln über sie von Anbeginn ihrer Karriere und, und, und. Hilde war nun mal eine ganz besondere Frau – dünnhäutig und verletzbar, aber nach außen immer stark. Es war toll, wie sie ihr Leben gemeistert hat. Gleich, wie tief sie gefallen ist, sie hat immer wieder von vorne angefangen, hat sich nie kleinkriegen lassen. Hilde stirbt nie!«

»Ich habe ein einfaches Rezept, um fit zu bleiben – ich laufe jeden Tag Amok.«*

* Zitat von Hildegard Knef (1925–2002)

TERMINtipp

In unregelmäßigen Abständen werden im Hildegard-Knef-Museum auch Chanson-Abende veranstaltet.
Nächster Termin:
23.08.2019 ab 19 Uhr
›Ein Abend zu Hildegard Knef‹
›2Sunny‹ singen von Roten Rosen & dem Koffer in Berlin
Eintritt 20 EUR
Anmeldung unbedingt erforderlich
Weitere Veranstaltungen in Planung

Öffnungszeiten Museum
Jeweils 1. und 3. (+ 5.) Freitag im Monat
15–18 Uhr
oder nach Vereinbarung unter
Tel. 0 23 05 / 5 49 99 19
Eintritt: 5 EUR
www.hildegard-knef-museum.de

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